StGH 2022/039
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29.08.2022
StGH
Urteil
Sprüche: - nicht vergeben -
StGH 2022/039
Der Staatsgerichtshof als Verfassungsgerichtshof hat in seiner nicht-öffentlichen Sitzung vom 29. August 2022, an welcher teilnahmen: Präsident Dr. Hilmar Hoch als Vorsitzender; stellvertretender Präsident lic. iur. Christian Ritter, Prof. Peter Bussjäger, lic. iur. Marco Ender und Prof. August Mächler als Richter sowie Dr. Tobias Wille als Schriftführer
in der Wiedereinsetzungs- und Beschwerdesache
Beschwerdeführerin und Antragstellerin:
A


vertreten durch:

***
Belangte Behörde:Verwaltungsgerichtshof des Fürstentums Liechtenstein, Vaduz, und Staatsgerichtshof des Fürstentums Liechtenstein, Vaduz
gegen:Urteil des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. März 2022, VGH 2021/087, und Beschluss des Präsidenten des Staatsgerichtshofes vom 3. Juni 2022, StGH 2022/039
wegen:Verletzung verfassungsmässig und
durch die EMRK gewährleisteter Rechte sowie
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
(Streitwert: CHF 50‘000.00)
zu Recht erkannt:
1.Dem Antrag der Beschwerdeführerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird Folge gegeben.
2.Der Beschluss des Präsidenten des Staatsgerichtshofes vom 3. Juni 2022 zu StGH 2022/039, mit welchem die Individualbeschwerde vom 19. April 2022 gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. März 2022, VGH 2021/087, für zurückgezogen erklärt wurde, wird aufgehoben.
3.Der Individualbeschwerde wird keine Folge gegeben. Die Beschwerdeführerin ist durch das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. März 2022, VGH 2021/087, in ihren verfassungsmässig und durch die EMRK gewährleisteten Rechten nicht verletzt.
4.Die Beschwerdeführerin trägt die Gerichtsgebühren von CHF 1‘700.00.
SACHVERHALT
1.
Mit Beschluss vom 18. August 2020 genehmigte der Gemeinderat Vaduz einen Verpflichtungskredit von CHF 1'265'000.00 für den Rückbau des Landgasthofs Mühle und die Zwischennutzung des Areals als Grünanlage.
2.
Am 15. September 2020 meldete die Beschwerdeführerin ein Referendumsbegehren gegen diesen Beschluss an. Am 20. September 2020 stellte der Gemeinderat mittels eines Zirkularbeschlusses die Zulässigkeit des Referendumsbegehrens fest und bestimmte die Einreichungsfrist der erforderlichen Unterschriften mit 2. Oktober 2020.
3.
Mit Beschluss vom 20. Oktober 2020 stellte der Gemeinderat Vaduz das Nichtzustandekommen des Referendums gegen den Beschluss vom 18. August 2020 aufgrund einer ungenügenden Anzahl gültiger Unterschriften fest.
4.
Am 11. November 2020 meldete die Beschwerdeführerin ein Initiativbegehren zum Erhalt und zur Verpachtung des Landgasthofs Mühle in Vaduz an.
5.
Mit Beschluss vom 17. November 2020 wies der Gemeinderat das Initiativbegehren als gesetzeswidrig zurück.
6.
Gegen diesen Beschluss vom 17. November 2020 erhob die Beschwerdeführerin am 2. Dezember 2020 Beschwerde an die Regierung.
6.1
Mit Schreiben vom 4. Dezember 2020 übermittelte die Regierung der Gemeinde Vaduz die Beschwerde vom 2. Dezember 2020 zur allfälligen Stellungnahme.
6.2
Mit Schreiben vom 18. November 2020 (richtig 18. Dezember 2020), eingegangen am 18. Dezember 2020, erstattete die Gemeinde Vaduz eine Stellungnahme zur Beschwerde vom 2. Dezember 2020.
6.3
Diese Stellungnahme wurde der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 3. März 2021 zur Kenntnis gebracht.
7.
Mit Entscheidung vom 9. März 2021 zu LNR 2020-1838 BNR 2021/352 AP 345 gab die Regierung der Beschwerde vom 2. Dezember 2020 keine Folge und auferlegte der Beschwerdeführerin die Verfahrenskosten von CHF 300.00.
8.
Mit Schreiben vom 25. März 2021 erhob die Beschwerdeführerin gegen die Regierungsentscheidung vom 9. März 2021 Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.
9.
Mit Urteil vom 29. April 2021 zu VGH 2021/15 gab der Verwaltungsgerichtshof der Beschwerde vom 25. März 2021 insoweit statt, als die angefochtene Entscheidung aufgehoben und die Verwaltungssache an die Regierung zurückverwiesen wurde. Begründet wurde die Zurückverweisung mit der Verletzung des rechtlichen Gehörs der Beschwerdeführerin.
10.
Im zweiten Verfahrensgang vor der Regierung wurde die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 11. Mai 2021 unter Hinweis auf das Urteil zu VGH 2021/15 auf die Möglichkeit zur Äusserung zur Stellungnahme der Gemeinde Vaduz vom 18. Dezember 2020 hingewiesen.
Die nunmehr rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführerin äusserte sich mit Schreiben vom 26. Mai 2021.
11.
Mit Entscheidung vom 14. September 2021 zu LNR 2021-1305 BNR 2021/1365 AP 345 wurde der Beschwerde vom 2. Dezember 2020 keine Folge gegeben und der Beschwerdeführerin wurden die Verfahrenskosten von CHF 300.00 auferlegt.
12.
Mit Schriftsatz vom 30. September 2021 erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde gegen die Regierungsentscheidung vom 14. September 2021 an den Verwaltungsgerichtshof.
13.
Mit Schreiben vom 17. Januar 2022 brachte die Beschwerdeführerin einen „vorbereitenden Schriftsatz“ ein, mit welchem die Beschwerdevorbringen vom 30. September 2021 ergänzt wurden.
14.
Der Verwaltungsgerichtshof gab dieser Beschwerde mit Urteil vom 11. März 2022 keine Folge und begründete dies wie folgt:
14.1
Der massgebliche Art. 42 Abs. 2 des Gemeindegesetzes vom 20. März 1996 (GemG) bestimme wie folgt:
„Die Initiative ist ausgeschlossen in Angelegenheiten, in denen die Referendumsfrist nach Art. 41 Abs. 3 ungenutzt abgelaufen ist oder bei denen ein Referendum zustande gekommen ist. Bei Bauordnungen und Zonenplänen sowie anderen Gemeinderatsbeschlüssen generell-abstrakter Natur ist die Initiative frühestens nach Ablauf von zwei Jahren seit Beschlussfassung zulässig.“
14.1.1
Die Regierung habe in der angefochtenen Entscheidung vom 14. September 2021 festgestellt, dass sich die Initiative vom 11. November 2020 gegen den Gemeinderatsbeschluss vom 18. August 2020 richte (Entscheidungsgrund 4., S. 7) und dass in Bezug auf diesen Gemeinderatsbeschluss die Referendumsfrist ungenutzt abgelaufen sei (Entscheidungsgrund 4., S. 7 f.). Diese Feststellungen bekämpfe die rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführerin mit ihrer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof nicht, weshalb diese mit Verweis auf die Rüge- und Substantiierungspflicht durch den Verwaltungsgerichtshof nicht zu überprüfen seien.
14.1.2
Vielmehr bringe die Beschwerdeführerin vor, die angefochtene Regierungsentscheidung gehe auf das entscheidende Argument der Beschwerdeführerin überhaupt nicht ein. Die Beschwerdeführerin habe in ihrer Gegenäusserung vom 26. Mai 2021 zur Stellungnahme der Gemeinde Vaduz ausgeführt, dass es sich derzeit bei der Frage, ob eine Initiative zulässig sei, keineswegs mehr um denselben Sachverhalt und um denselben Gegenstand handle wie im Sommer 2020, als es um die Frage eines Referendums gegangen sei. Die Gastronomieszene im Weiler Ebenholz habe unter der Corona-Pandemie gelitten, weshalb es aus heutiger Sicht nicht mehr zumutbar sei, mit dem Landgasthof Mühle einen weiteren Gastbetrieb beziehungsweise fast noch den einzigen in diesem Viertel von Vaduz zu verlieren.
14.1.3
Die Beschwerdeführerin habe somit in ihrer Gegenäusserung vom 26. Mai 2021 vorgebracht, dass sich die Verhältnisse hinsichtlich der Gastronomie im Weiler Ebenholz seit den Gemeinderatsbeschlüssen vom 18. August 2020 und 20. Oktober 2020 wesentlich geändert hätten und somit mit einer Initiative auf die Beschlussfassung bezüglich des Landgasthof Mühle zurückgekommen werden könne.
14.1.4
Die Regierung habe sich mit dem Argument der veränderten Verhältnisse nicht auseinandergesetzt und den diesbezüglich massgeblichen Sachverhalt nicht festgestellt.
14.1.5
Auf diese Rügen sei im Folgenden einzugehen.
14.2
Entgegen dem Beschwerdevorbringen habe sich die Regierung sehr wohl mit der Argumentation der geänderten Verhältnisse beschäftigt. Sie habe zum einen die unbestritten gebliebenen Feststellungen getroffen, dass sich die Initiative auf den Gemeinderatsbeschluss vom 18. August 2020 beziehe und dass die Referendumsfrist gegen diesen Beschluss ungenutzt abgelaufen sei und habe zum anderen ausgeführt, dass die im Rahmen der Gegenäusserung vorgebrachte Argumentation nichts an der rechtlichen Beurteilung ändere. Damit mache die Regierung deutlich, dass nach ihrer Rechtsauffassung aufgrund vorgebrachter geänderter Verhältnisse mit einer Initiative nicht auf einen Gemeinderatsbeschluss, hinsichtlich welchem die Referendumsfrist ungenutzt abgelaufen sei, zurückgekommen werden könne. Nach Auffassung der Regierung sei der Ausschluss der Initiative gemäss Art. 42 Abs. 2 Satz 1 GemG somit absolut zu verstehen, weshalb geänderte Verhältnisse eine Initiative nicht nachträglich zulässig machen könnten. Eine Verletzung der Begründungspflicht liege somit nicht vor, weshalb diese Verfahrensrüge der Beschwerdeführerin nicht zum Erfolg verhelfe.
14.3
Der Verwaltungsgerichtshof teile die Auffassung der Regierung, dass der Ausschluss der Initiative gegen referendumsfähige Gemeinderatsbeschlüsse nach Art. 42 Abs. 2 Satz 1 GemG unter Vorbehalt der gesetzlichen Ausnahme gemäss Satz 2 dieser Bestimmung absolut zu verstehen sei und geänderte Verhältnisse folglich von vornherein unbeachtlich seien.
14.3.1
Art. 42 Abs. 2 GemG bestehe aus zwei Sätzen. Der erste Satz schliesse die Initiative gegen referendumsfähige Gemeinderatsbeschlüsse aus. Der zweite Satz enthalte eine Relativierung des im ersten Satz umschriebenen Ausschlusses der Initiative. Bei Bauordnungen und Zonenplänen sowie anderen Gemeinderatsbeschlüssen generell-abstrakter Natur sei die Initiative frühestens nach Ablauf von zwei Jahren seit Beschlussfassung zulässig. Gemäss dem Wortlaut von Art. 42 Abs. 2 GemG sei eine Initiative gegen einen referendumsfähigen Gemeinderatsbeschluss somit nur in Fällen und unter den Voraussetzungen des zweiten Satzes dieser Bestimmung zulässig. Weitere Ausnahmen vom grundsätzlichen Ausschluss der Initiative gegen referendumsfähige Gemeinderatsbeschlüsse sehe das Gemeindegesetz nicht vor. Das Gemeindegesetz regle somit nicht explizit, ob eine Initiative gegen einen referendumsfähigen Gemeinderatsbeschluss dann zulässig sei, wenn sich seit der Beschlussfassung des Gemeinderats die Verhältnisse wesentlich geändert hätten. Es könne sein, dass der Gesetzgeber diese Fragestellung berücksichtigt habe und durch sein Schweigen bestimmt habe, dass es neben den generell-abstrakten Gemeinderatsbeschlüssen keine weitere Ausnahme gebe, womit der Fall, in welchem sich die Verhältnisse nach der Beschlussfassung des Gemeinderates wesentlich ändern würden, unter den ersten Satz des Art. 42 Abs. 2 zu subsumieren sei (qualifiziertes Schweigen des Gesetzgebers). Andererseits könne es auch sein, dass der Gesetzgeber diese Fragestellung bei Erlass des Art. 42 Abs. 2 GemG nicht berücksichtigt habe und somit eine echte Gesetzeslücke vorliege.
14.3.2
Im Bericht und Antrag (BuA) Nr. 66/2012, S. 22, werde davon gesprochen, dass Art. 42 Abs. 2 Satz 1 GemG ein grundsätzliches Verbot von Initiativbegehren enthalte. Dieses grundsätzliche Verbot werde nur dahingehend relativiert, dass bei generell-abstrakten Erlassen nach Ablauf von zwei Jahren eine Initiative zulässig sein solle. Auf S. 23 des Berichts und Antrags führt die Regierung sodann aus, Art. 42 Abs. 2 GemG beschränke nur das Initiativrecht der Stimmberechtigten, nicht jedoch das Recht des Gemeinderates, auf seine eigenen Beschlüsse zurückzukommen. Eine Wiedererwägung durch den Gemeinderat sei jederzeit möglich. Im Rahmen der ersten Lesung im Landtag sei ausgeführt worden, die Neufassung von Art. 42 Abs. 2 GemG sei wichtig. In Angelegenheiten, die dem Referendum unterstünden, könne keine Initiative mehr ergriffen werden (Landtagsprotokoll vom 22.06.2012, S. 1298).
14.3.3
Aus den Materialien sei somit ersichtlich, dass der Gesetzgeber das in Art. 42 Abs. 2 Satz 1 GemG statuierte Verbot der Initiative umfassend verstanden habe und lediglich die Ausnahme nach Art. 42 Abs. 2 Satz 2 GemG habe zulassen wollen. Der Gesetzgeber habe sich bei der Schaffung des Art. 42 Abs. 2 GemG auch mit der Frage der Wiedererwägung und des Widerrufs eines Gemeinderatsbeschlusses befasst und sei zum Schluss gekommen, dass nicht die Stimmberechtigten mittels einer Initiative, sondern nur der Gemeinderat auf seine eigenen Beschlüsse jederzeit zurückkommen können solle. Nach dem Willen des Gesetzgebers sei somit die Konstellation, in der sich nach der Beschlussfassung des Gemeinderates die Verhältnisse wesentlich ändern würden, unter den Art. 42 Abs. 2 Satz 1 GemG zu subsumieren. Eine Initiative sei folglich auch bei geänderten Verhältnissen ausgeschlossen.
14.3.4
Selbst wenn man dem Beschwerdevorbringen folge, dass sich seit dem Gemeinderatsbeschluss vom 18. August 2020 die Verhältnisse rund um die Gastronomieszene im Weiler Ebenholz wesentlich geändert hätten, begründeten diese geänderten Verhältnisse keine Ausnahme vom grundsätzlichen Verbot der Initiative gegen referendumsfähige Gemeinderatsbeschlüsse. Die Beschwerdeführerin dringe somit mit ihrer Rechtsrüge nicht durch.
14.4
In ihrem ergänzenden Schriftsatz vom 17. Januar 2022 bringe die Beschwerdeführerin vor, dass es inzwischen mehrere Interessenten für eine Übernahme des Landgasthofs Mühle gebe. Dies belege, dass der Sachverhalt heute völlig verändert gegenüber der Situation im August 2020 erscheine, weshalb keine Rede davon sein könne, dass es sich um eine Initiative über den genau gleichen Sachverhalt wie im Fall des Referendums handle. Es handle sich um eine ganz andere Grundlage im Vergleich zur Situation im August 2020.
14.4.1
Auch mit diesem ergänzenden Vorbringen zeige die Beschwerdeführerin auf, dass sie mit ihrer Initiative auf den Gemeinderatsbeschluss vom 18. August 2020 zurückkommen möchte. Da ein nach Erlass des Gemeinderatsbeschlusses geänderter Sachverhalt jedoch keine Ausnahme vom Ausschluss der Initiative gegen den referendumsfähigen Gemeinderatsbeschluss begründe, vermöchten die ergänzenden Vorbringen der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen.
14.4.2
Wenn die Beschwerdeführerin sodann vorbringe, die Zulassung der Initiative liege auch im Interesse der Gemeinde Vaduz, sei sie darauf zu verweisen, dass es dem Gemeinderat freistehe, auf seinen Beschluss vom 18. August 2020 zurückzukommen. Ändere sich nach einem referendumsfähigen Gemeinderatsbeschluss der Sachverhalt, könnten nicht die Stimmberechtigten mit einer Initiative, aber der Gemeinderat auf den Beschluss zurückkommen.
14.5
Die Beschwerdeführerin bringe vor, die Regierung habe den massgeblichen Sachverhalt nicht umfassend festgestellt. Die Regierung habe nicht festgestellt, dass es per Ende 2021 keinen Gastronomiebetrieb im Mühleholz mehr geben werde. Die Regierung habe es unterlassen, die Gemeinde Vaduz zur von der Beschwerdeführerin vorgetragenen geänderten Situation zu befragen.
Da geänderte Verhältnisse seit dem Erlass des referendumsfähigen Gemeinderatsbeschlusses keine Ausnahme vom grundsätzlichen Verbot der Initiative gegen referendumsfähige Gemeinderatsbeschlüsse begründeten, sei die Regierung nicht gehalten gewesen, Sachverhaltsfeststellungen zu geänderten Verhältnissen zu treffen. Auch mit ihrer Sachverhaltsrüge dringe die Beschwerdeführerin somit nicht durch.
15.
Gegen dieses Urteil des Verwaltungsgerichtshofes erhob die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 19. April 2022 Individualbeschwerde an den Staatsgerichtshof, wobei eine Verletzung des Verbots der Rechtsverweigerung gemäss Art. 31 Abs. 1 LV, der Begründungspflicht gemäss Art. 43 LV, des Willkürverbots sowie „des grundrechtlichen Anspruchs auf ungehinderte Ausübung der politischen Rechte“ geltend gemacht wird. Beantragt wird, der Staatsgerichtshof wolle der Beschwerde Folge geben und feststellen, dass die Beschwerdeführerin durch die angefochtene Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes in ihren verfassungsmässigen und durch die EMRK gewährleisteten Rechten verletzt worden sei; er wolle die vorgenannte Entscheidung daher im angefochtenen Umfang aufheben und die Rechtssache unter Bindung an die Rechtsansicht des Staatsgerichtshofes zur neuerlichen Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurückverweisen; weiter wolle der Staatsgerichtshof feststellen, dass Art. 42 Abs. 2 GemG verfassungswidrig sei und diese Bestimmung vollständig aufheben; dass die Beschwerdeführerin durch die angefochtene Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes, welche sich auf die verfassungswidrige Bestimmung des Art. 42 Abs. 2 GemG stütze, in ihren verfassungsmässigen und durch die EMRK gewährleisteten Rechten verletzt worden sei; er die angefochtene Entscheidung daher im angefochtenen Umfang aufheben und die Rechtssache unter Bindung an die Rechtsansicht des Staatsgerichtshofes zur neuerlichen Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen wolle; schliesslich sei das Land Liechtenstein schuldig, der Beschwerdeführerin die entstandenen Verfahrenskosten zu Handen ihres ausgewiesenen Rechtsvertreters (Art. 25 RAG) binnen vier Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Auf die Ausführungen in dieser Individualbeschwerde wird, soweit relevant, im Rahmen der Urteilsbegründung eingegangen.
16.
Mit Schreiben vom 21. April 2022 wurde die Beschwerdeführerin vom Staatsgerichtshof aufgefordert, die Gerichtsgebühren zu bezahlen. Konkret lautete das Aufforderungsschreiben:
„Auf Basis des Streitwerts von CHF 50‘000.00 fällt für die Individualbeschwerde eine Gebühr von CHF 1‘700.00 an (Art. 35 i. V. m. Art. 28 und Art. 30 GGG). Diese Gebühr ist von der Beschwerdeführerin auf das Konto mit IBAN LI31 0880 0000 0203 2880 0, bei der Liechtensteinischen Landesbank AG, 9490 Vaduz, lautend auf Liechtensteinische Landesverwaltung, Landeskasse, 9490 Vaduz, unter Angabe des Zahlungsvermerkes „StGH 2022/039; 179.431.00.02“, zu überweisen.
Falls die zu zahlende Gebühr nicht oder nicht vollständig binnen vier Wochen ab Entstehung des Anspruchs (19. April 2022: Eingang der Individualbeschwerde) entrichtet werden sollte, würde die Eingabe der Beschwerdeführerin vom Staatsgerichtshof als zurückgezogen erklärt werden (Art. 7 Abs. 1 GGG).“
Dieses Schreiben wurde von der Rechtsvertretung der Beschwerdeführerin am 22. April 2022 in Empfang genommen.
17.
Der Verwaltungsgerichtshof erstattete mit Schreiben vom 28. April 2022 eine Stellungnahme zur vorliegenden Individualbeschwerde.
Auf die Ausführungen in dieser Stellungnahme wird, soweit relevant, im Rahmen der Urteilsbegründung eingegangen.
18.
Mit Beschluss vom 3. Juni 2022 zu StGH 2022/039 erklärte der Präsident des Staatsgerichtshofes die Individualbeschwerde der Beschwerdeführerin vom 19. April 2022 gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. März 2022, VGH 2021/087, gestützt auf Art. 5 Abs. 3 Bst. b GGG i. V. m. Art. 7 der Geschäftsordnung des Staatsgerichtshofes des Fürstentums Liechtenstein vom 4. Februar 2019 (LGBl. 2019 Nr. 43, i. d. F. v. LGBl. 2020 Nr. 238) mangels fristgerechter Bezahlung der Gerichtsgebühren gemäss Art. 7 Abs. 1 GGG für zurückgezogen.
Er begründete dies im Wesentlichen damit, dass die Beschwerdeführerin nicht gebührenbefreit sei und die von ihr binnen vier Wochen ab dem Eingang der Beschwerde (19. April 2022) geschuldeten Gerichtsgebühren von CHF 1‘700.00 bis zum heutigen Tage nicht geleistet habe. Damit sei keine fristgerechte Begleichung der Gerichtsgebühren gemäss Art. 7 Abs. 1 GGG erfolgt, wonach diese binnen vier Wochen seit dem Eingang der Individualbeschwerde zu entrichten seien. Ausnahmsweise könne eine Gebühr auch nach Ablauf der Frist bezahlt werden, wenn das Gericht die Eingabe noch nicht aufgrund der Nichtbezahlung der Gerichtsgebühren für zurückgezogen erklärt habe (vgl. StGH 2019/044, Erw. 3.7 [www.gerichtsentscheide.li]). Nachdem die Gerichtsgebühren jedoch von der Beschwerdeführerin bis zum heutigen Tag nicht geleistet worden seien, komme dieser Ausnahmetatbestand nicht zur Anwendung. Somit sei nach Art. 7 Abs. 1 GGG die vorliegende Individualbeschwerde vom Präsidenten spruchgemäss für zurückgezogen zu erklären (vgl. StGH 2021/001, Beschluss vom 11. Juni 2021, Erw. 11; StGH 2018/107, Beschluss vom 18. September 2020, Erw. 13; StGH 2018/062, Beschluss vom 23. September 2019, Erw. 6).
19.
Nachdem dieser Präsidialbeschluss vom 3. Juni 2022 der Rechtsvertretung der Beschwerdeführerin am 7. Juni 2022 zugestellt wurde, brachte die Beschwerdeführerin durch ihre Rechtsvertretung einerseits mit Schriftsatz vom 15. Juni 2022 einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beim Staatsgerichtshof ein und holte andererseits gleichzeitig mit ihrem Wiedereinsetzungsantrag die versäumte Prozesshandlung nach, namentlich die Bezahlung der vorgeschriebenen Gerichtsgebühren von CHF 1‘700.00 für das Individualbeschwerdeverfahren zu StGH 2022/039 (siehe Einzahlungsbeleg vom 15. Juni 2022).
Mit ihrem Wiedereinsetzungsantrag beantragt die Beschwerdeführerin konkret: Der Staatsgerichtshof möge 1. dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stattgeben, die mit Mitteilung vom 21. April 2022 des Staatsgerichtshofes vorgeschriebene Zahlungsfrist für die Einzahlung der gerichtlichen Pauschalgebühr in Höhe von CHF 1‘700.00 in den vorigen Stand setzen und die Zahlung als rechtzeitig feststellen; 2. den Beschluss zu StGH 2022/039 vom 3. Juni 2022 mit dem die Individualbeschwerde der Beschwerdeführerin vom 19. April 2022 für zurückgezogen erklärt wurde, ersatzlos aufheben; 3. in eventu: eine mündliche Verhandlung gemäss § 149 Abs. 2 ZPO anberaumen und sodann den Anträgen zu Ziffer 1. und 2. stattgeben.
Auf die Begründung dieses Wiedereinsetzungsantrags wird, soweit relevant, im Rahmen der Entscheidungsbegründung eingegangen.
20.
Der Staatsgerichtshof zog die Vorakten, soweit erforderlich, bei und beschloss in Folge Spruchreife, auf die Durchführung einer öffentlichen Schlussverhandlung zu verzichten. Nach Durchführung einer nicht-öffentlichen Schlussverhandlung wurde wie aus dem Spruch ersichtlich entschieden.
BEGRÜNDUNG
1.
Zunächst ist auf den Wiedereinsetzungsantrag der Beschwerdeführerin einzugehen.
1.1
Nach Art. 39 StGHG nimmt der Staatsgerichtshof seine Zuständigkeit in jeder Lage des Verfahrens von Amtes wegen wahr. Der Staatsgerichtshof hat demnach von Amtes wegen zu prüfen, ob eine ihm zur Entscheidung vorgelegte Eingabe zulässig ist bzw. ob die Voraussetzungen für eine materielle Entscheidung über diese Eingabe (hier konkret: den Wiedereinsetzungsantrag) vorliegen (vgl. statt vieler: StGH 2021/064, Erw. 1; StGH 2018/100, Erw. 1; StGH 2017/191, Erw. 1 [alle www.gerichtsentscheide.li]; siehe auch Tobias Michael Wille, Liechtensteinisches Verfassungsprozessrecht, LPS Bd. 43, Schaan 2007, 446 m. w. N.).
1.2
Die Beschwerdeführerin beantragt gestützt auf die §§ 146 ff. ZPO die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand der mit Mitteilung des Staatsgerichtshofes vom 21. April 2022 vorgeschriebenen Zahlungsfrist für die Einzahlung der Gerichtsgebühren gemäss dem GGG von CHF 1'700.00 für das Individualbeschwerdeverfahren. Es fragt sich daher zunächst, ob zur Beurteilung der versäumten Prozesshandlung der fristgerechten Bezahlung der Gerichtsgebühren für ein Individualbeschwerdeverfahren vor dem Staatsgerichtshof die §§ 144 ff. ZPO überhaupt Anwendung finden, denn das GGG selbst kennt weder eigene Normen betreffend die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, noch verweist es direkt auf die Anwendung von anderen Verfahrensbestimmungen wie etwa die ZPO, das LVG oder das StGHG.
1.3
Gemäss Art. 51 Abs. 1 StGHG kann im Verfahren vor dem Staatsgerichtshof gegen Entscheidungen des Staatsgerichtshofes die Wiederherstellung (Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, Wiederaufnahme) gemäss den Bestimmungen des Gesetzes über die allgemeine Landesverwaltungspflege geltend gemacht werden. Nach Art. 51 Abs. 2 StGHG kann gegen Beschlüsse des Staatsgerichtshofes die Wiederherstellung nur geltend gemacht werden, wenn sie nicht verfahrensleitender Natur sind.
1.3.1
Nach Auffassung des Staatsgerichtshofes kann der Beschluss des Präsidenten des Staatsgerichtshofes vom 3. Juni 2022 zu StGH 2022/039, mit welchem mangels fristgerechter Bezahlung der Gerichtsgebühren gemäss Art. 7 Abs. 1 GGG die Individualbeschwerde der Beschwerdeführerin vom 19. April 2022 gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. März 2022, VGH 2021/087, für zurückgezogen erklärt wurde, als Entscheidung im Sinne von Art. 51 StGHG qualifiziert werden. So kann etwa bei Versäumnis der ersten Tagsatzung oder ersten Streitverhandlung im Zivilverfahren gegen ein Versäumnisurteil die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt werden (siehe Dietmar Baur in: Schumacher [Hrsg.], Handbuch Liechtensteinisches Zivilprozessrecht, Wien 2020, Rz. 14.10), da es sich bei diesem Beschluss um einen prozessbeendenden und nicht um einen verfahrensleitenden Beschluss handelt (vgl. dazu auch Walter H. Rechberger/Thomas Klicka in Rechberger/Klicka [Hrsg.], ZPO5, Wien 2019, § 425, Rz. 3). Für den Staatsgerichtshof ist mit Blick auf die Gesetzesmaterialien zu Art. 7 Abs. 1 GGG nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber im Anwendungsbereich des GGG (lex specialis) den Rechtsbehelf der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand explizit nicht zulassen wollte. Im Gegenteil wird in BuA Nr. 144/2016 zu Art. 7 Abs. 1 Satz 1 GGG ausgeführt, dass es sich hierbei um eine eigens für Liechtenstein geschaffene Bestimmung handle, die sich an § 60 Abs. 3 ZPO anlehne, wonach eine Klage oder ein Rechtsmittel auf Antrag des Gegners vom Gericht für zurückgenommen erklärt werde, wenn der Betrag der zu leistenden Sicherheit für Prozesskosten (aktorische Kaution) nicht fristgerecht entrichtet werde (BuA Nr. 144/2016, S. 27). Gegen einen nicht fristgerechten Erlag der Prozesskostensicherheitsleistung im Zivilprozess kann die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach den §§ 144 ff. ZPO beantragt werden.
1.3.2
Der Wiedereinsetzungsantrag der Beschwerdeführerin ist somit gemäss Art. 51 StGHG i. V. m. Art. 104 LVG unter sinngemässer Anwendung der Bestimmungen der §§ 144 ff. ZPO zu beurteilen.
1.4
Nach Art. 148 Abs. 1 und 2 ZPO ist der Wiedereinsetzungsantrag innerhalb der unerstreckbaren Frist von 14 Tagen ab Wegfall des Hindernisses, das die Versäumung verursachte, bei dem Gericht einzureichen, bei welchem die versäumte Prozesshandlung vorzunehmen war. Über den Wiedereinsetzungsantrag hat folglich der Staatsgerichtshof zu entscheiden (§ 149 Abs. 2 ZPO, Art. 1, 3, 7 und 28 GGG; vgl. auch StGH 2013/174, Beschluss vom 4. Februar 2014, Erw. 2; StGH 2010/136, Erw. 2 [www.gerichtsentscheide.li]; StGH 2001/020, LES 2004, 152 [153, Erw. 1]; siehe auch Tobias Michael Wille, Liechtensteinisches Verfassungsprozessrecht, a. a. O., 507 ff.). Ebenso ist nach § 149 Abs. 1 ZPO zugleich mit dem Wiedereinsetzungsantrag die versäumte Prozesshandlung nachzuholen und es sind im Antrag alle den Wiedereinsetzungsantrag begründenden Umstände anzuführen, wobei der Wiedereinsetzungswerber dabei die Gründe nicht zu beweisen, sondern lediglich glaubhaft im Sinne des § 274 ZPO zu machen hat (Dietmar Baur, a. a. O., Rz.14.68).
Nachdem der Präsidialbeschluss vom 3. Juni 2022 zu StGH 2022/039, mit welchem die Individualbeschwerde der Beschwerdeführerin vom 19. April 2022 gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. März 2022 für zurückgezogen erklärte wurde, der Beschwerdeführerin am 7. Juni 2022 zugestellt wurde und die Beschwerdeführerin daraufhin ihren schriftlich begründeten Wiedereinsetzungsantrag am 15. Juni 2022 per Post aufgab sowie am selben Tag die versäumte Prozesshandlung, namentlich die Bezahlung der vorgeschriebenen Gerichtsgebühren von CHF 1‘700.00 für das Individualbeschwerdeverfahren zu StGH 2022/039 (siehe Einzahlungsbeleg vom 15. Juni 2022), nachholte, ist der Wiedereinsetzungsantrag frist- und formgerecht im Sinne der obgenannten Bestimmungen eingebracht worden.
1.5
Es ist daher weiter zu prüfen, ob der Antrag berechtigt ist, nämlich ob ein tauglicher Wiedereinsetzungsgrund im Sinne von § 146 ZPO vorliegt, um die nachteiligen Folgen der versäumten Prozesshandlung (hier die beschlussmässige Verfahrensbeendigung ohne materielle Entscheidung wegen nicht fristgerechter Bezahlung der Gerichtsgebühren für ein Individualbeschwerdeverfahren) zu beseitigen.
1.6
Die Beschwerdeführerin begründet ihren Wiedereinsetzungsantrag im Wesentlichen wie folgt:
1.6.1
Mit Schreiben vom 21. April 2022, den ausgewiesenen Rechtsvertretern zugestellt am 22. April 2022, sei die Beschwerdeführerin vom Staatsgerichtshof aufgefordert worden, die Gerichtsgebühren von CHF 1‘700.00 innert vier Wochen zu bezahlen. Dieses Schreiben sei am 22. April 2022 von B bei der Poststelle in *** übernommen worden.
1.6.2
Am Tage des 22. April 2022 sei die für die Abholung der Post sowie deren Nachbearbeitung zuständige Anwaltssekretärin der Anwaltskanzlei ***, C, im Urlaub gewesen. In der Regel behebe C die Post der Anwaltskanzlei ***. Aufgrund der urlaubsbedingten Abwesenheit habe B die Post bei der Poststelle in *** stellvertretend für C behoben. B habe, wie bei urlaubsbedingter Abwesenheit des Sekretariats üblich, die Post geöffnet und diese zur Abfertigung in den Posteingang des Sekretariats zum Fristenvormerk und weiteren Bearbeitung gelegt. Unter diesen Poststücken habe sich auch die Mitteilung über den Eingang der Beschwerde vom 21. April 2022 zu StGH 2022/039 samt Vorschreibung der Pauschalgebühr befunden.
1.6.3
C sei von den Rechtsanwälten der Kanzlei und der ehemaligen Sekretariatsmitarbeiterin, D, angewiesen worden, die Post in folgenden Schritten zu bearbeiten:
• Abholung der Poststücke bei der Poststelle in *** mit Postvollmacht
• Versehen der Poststücke mit Posteingangsstempel (Bei kurzer (eintägiger) urlaubsbedingter Abwesenheit sei das Sekretariat angewiesen, die Post inkl Fristenvormerk nachzubearbeiten)
• Fristenvormerk der Poststücke
• Einscannen der Poststücke im digitalen Advokatakt
• Zuteilung der Poststücke an die zuständigen Rechtsanwälte
• Sodann hätten die zuständigen Rechtsanwälte auf den Poststücken und im Kanzleikalender die korrekte Erfassung der Fristen zu kontrollieren und abzuzeichnen (Kontrollsystem)
1.6.4
Am Tage des 22. April 2022 habe B die Post geöffnet und auf die in Rede stehende Mitteilung des Staatsgerichtshofes vom 21. April 2022 ein rotes Post-IT mit dem Text: „Rechnung + Pauschalgebühr erstellen“ geklebt. Die auf dem Post-IT enthaltene Arbeitsanweisung an das Sekretariat hätte C dazu veranlassen sollen – nach der Stempelung des Poststückes mit dem Posteingangsstempel und dem Vormerk der Zahlungsfrist – das Poststück samt Honorarnote mit Vorschreibung der Pauschalgebühr an die Mandantschaft dem zuständigen Rechtsanwalt vorzulegen; nach physischer Vorlage in das Posteingangsfach im Büro des B wären diese Dokumente (Mitteilung StGH vom 21. April 2022 und Honorarnote inkl. Pauschalgebühr) mit dem Ersuchen um Überweisung der Pauschalgebühr vorab an die Mandantschaft versendet worden. Dies sei jedoch aus den folgenden Gründen nicht geschehen:
1.6.5
Am Montag, dem 25. April 2022 – nach der Rückkehr aus dem eintägigen Urlaub – habe C die Post vom 22. April 2022 bearbeitet. Aufgrund eines Versehens bei der Einstellung des Posteingangsstempels habe C die Mitteilung des Staatsgerichtshofes vom 21. April 2022 mit dem Posteingangsdatum „22.04.2021“ gestempelt. Aus nicht mehr exakt nachvollziehbaren Gründen – vermutlich, weil der Posteingangsstempel auf das Jahr 2021 datiert gewesen sei – sei die Mitteilung über den Eingang der Beschwerde vom 21. April 2022 des Staatsgerichtshofes samt der Vorschreibung der Pauschalgebühr nicht mehr durch das Sekretariat im Fristenvormerk erfasst und dem zuständigen Rechtsanwalt zur weiteren Bearbeitung vorgelegt, sondern ohne Fristenvermerk und Abrechnung zur Einholung der Pauschalgebühr bei der Mandantschaft in die Kanzleiablage gelegt worden.
1.6.6
In keinem Fall sei für die zuständigen Rechtsanwälte damit zu rechnen gewesen, dass ein derart wichtiges Dokument ohne Fristenvormerk in die Kanzleiablage gelegt respektive den Anwälten nach Fristenvormerk durch das Sekretariat nicht vorgelegt werde. C habe den Fristenvormerk ohne jegliche Fehler bis zu dem hier in Rede stehenden Ereignis selbständig organisiert. Dass C versehentlich den Posteingangsstempel auf das falsche Jahr („2021“) eingestellt, das Dokument mit einem falschen Datum gestempelt habe und sodann das Dokument in die Kanzleiablage gelegt worden sei, sei ein bedauerliches Versehen gewesen.
1.6.7
Es liege ein minderer Grad des Versehens und daher eine entschuldbare Fehlleistung vor, weil es für die zuständigen Rechtsanwälte nicht vorhersehbar gewesen sei, dass die erfahrene Anwaltssekretärin C ein gerichtliches Dokument falsch abstemple und in die Kanzleiablage lege, weil sie sich über das Datum des selbst gestempelten Dokuments geirrt habe. Gemäss öOGH 4 Ob 50/99b begründe eine einmalige Fehleintragung im Fristenvormerk durch eine zuverlässige Kanzleiangestellte einen minderen Grad des Versehens. (Dem gesamten Antragsvorbringen wurden zahlreiche Bescheinigungsmittel, wie etwa eidesstattliche Erklärungen von B, E, F und C vom 13. Juni 2022 beigelegt).
1.7
Der eventualiter beantragten mündlichen Verhandlung bedarf es aufgrund dieses bescheinigten Vorbringens nicht (§ 149 Abs. 2 ZPO).
1.7.1
Art. 146 Abs. 1 ZPO bestimmt: Wenn eine Partei durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis am rechtzeitigen Erscheinen bei einer Tagsatzung oder an der rechtzeitigen Vornahme einer befristeten Prozesshandlung verhindert wurde und die dadurch verursachte Versäumung für die Partei den Rechtsnachteil des Ausschlusses von der vorzunehmenden Prozesshandlung zur Folge hatte, so ist dieser Partei, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt. Satz 2 dieser Bestimmung wurde neu durch die Zivilverfahrensnovelle 2018 (LGBl. 2018 Nr. 207) hinzugefügt. Damit wurde nunmehr in der liechtensteinischen ZPO die schon in der österreichischen Rezeptionsvorlage mit der österreichischen Zivilverfahrensnovelle 1983 eingeführte Bestimmung übernommen, wonach es die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht hindert, wenn der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt und es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt (siehe auch Dietmar Baur, a. a. O., Rz. 14.19). Es ist daher angezeigt, bei der Auslegung und Anwendung des § 146 Abs. 1 ZPO die österreichische Rechtsprechung und Lehre zu berücksichtigen, zumal die liechtensteinischen Gerichte bezüglich § 146 Abs. 1 ZPO schon vor dieser Zivilverfahrensnovelle 2018 eine gewisse Orientierung an der Rechtsprechung und Lehre zur österreichischen Rechtslage vorgenommen haben (StGH 2012/144, Erw. 2.2.2 ff. [www.gerichtsentscheide.li]; StGH 2010/054, Erw. 3.2 f.; StGH 2010/136, Erw. 2.2.2 [www.gerichtsentscheide.li]; OGH in LES 2005, 110; OGH in LES 2008, 211 und OGH, Beschluss vom 1. Oktober 1998, 3 C 416/93-39; VGH 2003/138; VGH 2007/46; vgl. auch Dietmar Baur, a. a. O., Rz. 14.22).
1.7.2
Nach österreichischer Lehre und Rechtsprechung ist ein Ereignis „unabwendbar“, wenn es mit den einem Durchschnittsmenschen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten nicht verhindert hätte werden können, selbst wenn sein Eintritt vorhersehbar war. „Unvorhergesehen“ ist nicht nur ein Ereignis, welches ein Durchschnittsmensch nicht vorhersehen konnte, sondern auch ein solches, welches die Partei nicht einberechnet hat und dessen Eintritt sie auch unter Bedachtnahme auf die ihr persönlich zumutbare Aufmerksamkeit und Voraussicht nicht erwarten konnte. Dieser Begriff ist daher im Sinne von subjektiv unverschuldet unvorhergesehen zu verstehen (siehe zu alledem Edwin Gitschthaler in: Rechberger/Klicka [Hrsg.], ZPO5, Wien 2019, § 146 ZPO, Rz. 2 f. m. w. N.; siehe auch OGH, Beschluss vom 1. Oktober 1998, 3 C 416/93-39, Erw. 8.4).
1.7.3
Irrtümer und Fehler von Angestellten einer Anwaltskanzlei sind Rechtsanwälten zuzurechnen und ermöglichen eine Wiedereinsetzung, wenn sie trotz Einhaltung der berufsgebotenen Sorgfaltspflicht der Rechtsanwälte bei der Kontrolle der Termin- und Fristenevidenz und trotz bisheriger objektiver Eignung und Bewährung der Kanzleiangestellten unterlaufen und durch die konkreten Umstände des Einzelfalls als bedingt entschuldbare Fehlleistungen anzusehen sind, insbesondere wenn es sich um ein einmaliges Versehen von seit langen Jahren tätigen Kanzleileitern handelte. Die laufenden Überwachungs- und Kontrollpflichten der Rechtsanwälte dürfen dabei nicht überspannt werden (siehe Edwin Gitschthaler, a. a. O., § 146 ZPO, Rz. 21/4 m. w. N.; vgl. auch OGH, Beschluss vom 1. Oktober 1998, 3 C 416/93-39, Erw. 8.4). Rechtsanwälte müssen jedoch bei der Geltendmachung einer Fehlleistung von Kanzleiangestellten glaubhaft machen, dass sie die ihnen obliegenden Aufsichts- und Kontrollpflichten eingehalten haben (Edwin Gitschthaler, a. a. O., § 146 ZPO, Rz. 21/1).
1.7.4
Nach den dem Staatsgerichtshof zumindest glaubhaft erscheinenden Ausführungen (§ 149 Abs. 1 ZPO und oben Erw. 1.4) im Wiedereinsetzungsantrag wäre es nicht zur Versäumnis der fristgerecht zu entrichtenden Gerichtsgebühren gekommen, wenn die für die Abholung der Post sowie deren Nachbearbeitung zuständige Sekretärin der Vertreter der Beschwerdeführerin, C, nach der Rückkehr aus ihrem eintägigen Urlaub am 25. April 2022 bei der Bearbeitung der Post vom 22. April 2022 die Mitteilung des Staatsgerichtshofes vom 21. April 2022 nicht aufgrund eines Versehens bei der Einstellung des Posteingangsstempels mit dem Posteingangsdatum „22.04.2021“ gestempelt hätte.
1.7.5
Nach Auffassung des Staatsgerichtshofes haben die Vertreter der Beschwerdeführerin im Wiedereinsetzungsantrag weiters glaubhaft dargetan, dass sie über eine wohlgeordnete Kanzleiorganisation, auch bezüglich des Fristenwesens, sowie über sorgfältig ausgewähltes und instruiertes Kanzleipersonal verfügen. Zudem bringen sie glaubhaft vor, dass es sich bei C um eine langjährige, erprobte wie bewährte Kanzleileiterin bzw. nunmehr Anwaltssekretärin handelt. Für den Staatsgerichtshof ergeben sich aus dem bescheinigten Antragsvorbringen keine Anhaltspunkte, an diesem zu zweifeln, sodass von einem bisher einmaligen Versehen einer durchaus erfahrenen Kanzleiangestellten auszugehen ist.
1.7.6
In Anbetracht der zumindest glaubhaft gemachten Umstände des Einzelfalles handelt es sich nach Auffassung des Staatsgerichtshofes um eine entschuldbare Fehlleistung, die einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Sinne von § 146 Abs. 1 ZPO (unvorhergesehenes Ereignis, minderer Grad des Versehens) nicht entgegensteht. Dies entspricht auch der Rechtsprechung der liechtensteinischen Gerichte, wonach die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand etwa dann bewilligt wird, wenn eine Frist als Folge eines geringfügigen Kanzleiversehens, das sich trotz ordnungsgemässer Organisation und trotz sorgfältiger Auswahl des Kanzleipersonals ereignete, versäumt wurde (vgl. StGH 2012/144, Erw. 2.2.2 [www.gerichtsentscheide.li]; StGH 2010/054, Erw. 3.2; LES 2008, 211 [213]; vgl. auch LES 2008, 408 [409]; siehe auch Dietmar Baur, a. a. O., Rz. 14.34 ff. m. w. N.).
1.7.7
Dem Antrag auf Wiedereinsetzung ist somit spruchgemäss Folge zu gegeben und der Beschwerdeführerin die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Als Folge der Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist unter sinngemässer Anwendung des § 150 Abs. 1 ZPO der Präsidialbeschluss vom 3. Juni 2022 zu StGH 2020/039 aufzuheben (vgl. auch Dietmar Baur, a. a. O., Rz. 14.58) sowie im Weiteren auf die am 19. April 2022 eingereichte Individualbeschwerde einzugehen.
2.
Das im Beschwerdefall angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. März 2022, VGH 2021/087, ist gemäss der Rechtsprechung des Staatsgerichtshofs als sowohl letztinstanzlich als auch enderledigend im Sinne von Art. 15 Abs. 1 StGHG zu qualifizieren (StGH 2018/128, Erw. 1; StGH 2018/091, Erw. 1; StGH 2018/063, Erw. 1 [alle www.gerichtsentscheide.li]). Da die Beschwerde auch frist- und formgerecht eingebracht wurde, hat der Staatsgerichtshof materiell darauf einzutreten.
3.
Die Beschwerdeführerin bringt sowohl zur Rechtsverweigerungs- als auch zur Begründungsrüge Ähnliches vor. Zur Willkürrüge fasst sie dieses Vorbringen kurz zusammen. Es ist deshalb auf alle drei Grundrechtsrügen gemeinsam einzugehen, obwohl gemäss der nachfolgenden Erwägung nur das Willkürverbot (anders als die beiden Verfahrensgrundrechte) die materielle Richtigkeit einer Entscheidung betrifft.
3.1
Das Verbot der Rechtsverweigerung leitet sich aus der in Art. 31 Abs. 1 Satz 1 LV garantierten Rechtsgleichheit ab. Eine formelle Rechtsverweigerung liegt vor, wenn ein Anspruch auf ein Verfahren besteht und die Behörde sich weigert, dieses trotz des Begehrens einer berechtigten Person an die Hand zu nehmen und zu behandeln, sei es, dass sie die Behandlung ausdrücklich ablehnt oder aber dieselbe stillschweigend unterlässt. Das Verbot der Rechtsverweigerung ist zugeschnitten auf die Untätigkeit einer Gerichts- oder Verwaltungsbehörde, die ein Urteil oder eine Verfügung erlassen müsste. Rechtsverweigerung begeht eine Behörde aber nicht nur, wenn sie völlig untätig bleibt, sondern auch, wenn sie nicht im geforderten Masse tätig wird. Hauptfall dieser Form der Rechtsverweigerung bildet die fehlende oder mangelhafte Abklärung des Sachverhaltes oder die unzulässige Beschränkung der Kognition. Jedoch genügt der allgemein gehaltene Vorwurf, dass das Vorbringen in den Vorinstanzen nicht mit genügender Ausführlichkeit behandelt und beantwortet wurde, nicht, um den Vorwurf der Rechtsverweigerung darzutun (StGH 2020/105, Erw. 4.1 [www.gerichtsentscheide.li]; StGH 2020/016, LES 2020, 140 [144, Erw. 4.1]; StGH 2018/068, Erw. 4.1 [www.gerichtsentscheide.li]).
Wesentlicher Zweck der Begründungspflicht gemäss Art. 43 LV ist, dass die von einer Verfügung oder Entscheidung betroffene Partei deren Stichhaltigkeit überprüfen und sich gegen eine fehlerhafte Begründung wehren kann. Allerdings wird der Umfang des grundrechtlichen Begründungsanspruchs durch die Aspekte der Angemessenheit und Verfahrensökonomie begrenzt. Ein genereller Anspruch auf ausführliche Begründung existiert nicht. Nur wenn in einem entscheidungsrelevanten Punkt eine nachvollziehbare Begründung gänzlich fehlt oder eine blosse Scheinbegründung vorliegt, ist dieses Grundrecht verletzt (StGH 2020/013, LES 2020, 190 [192, Erw. 2.1]; StGH 2018/039, Erw. 5.1; StGH 2017/197, Erw. 2.1 [alle www.gerichtsentscheide.li]; siehe auch Tobias Michael Wille, Begründungspflicht, in: Kley/Vallender [Hrsg.], Grundrechtspraxis in Liechtenstein, LPS Bd. 52, Schaan 2012, 554 ff., Rz. 16). Der Staatsgerichtshof geht dabei insbesondere dann von einer Scheinbegründung aus, wenn versucht wird, eine sachgerechte und fallbezogene Begründung durch allgemeine substanzlose Wendungen zu ersetzen (siehe Tobias Michael Wille, Begründungspflicht, a. a. O., 560, Rz. 19 m. w. N.).
Die materielle Richtigkeit einer Begründung wird demgegenüber im Lichte des jeweiligen spezifischen Grundrechts bzw. des Willkürverbots und nicht der Begründungspflicht gemäss Art. 43 LV geprüft wird. Entsprechend verletzt auch eine falsche Begründung Art. 43 LV nicht, soweit es sich dabei nicht gerade um eine Scheinbegründung handelt (StGH 2018/068, Erw. 3.1; StGH 2018/041, Erw. 3.1 [beide www.gerichtsentscheide.li]).
Wenn eine Rechtsverweigerung im Sinne eines ungenügenden behördlichen Tätigwerdens geltend gemacht wird, weil für einen wesentlichen Entscheidungsaspekt keine, nur eine ungenügende oder eine blosse Scheinbegründung gegeben werde, so überschneidet sich dieses Grundrecht offensichtlich mit dem Begründungsanspruch. Wie erwähnt, ist dies hier der Fall.
Ein Verstoss gegen das Willkürverbot liegt nur dann vor, wenn eine Entscheidung sachlich nicht zu begründen, nicht vertretbar bzw. stossend ist (siehe statt vieler: StGH 2018/095, LES 2019, 76 [80, Erw. 7.1]; StGH 2018/091, Erw. 4.1; StGH 2018/015, Erw. 6.1 [alle www.gerichtsentscheide.li] sowie Hugo Vogt, Willkürverbot, in: Kley/Vallender [Hrsg.], Grundrechtspraxis in Liechtenstein, LPS Bd. 52, Schaan 2012, 317 f., Rz. 26 m. w. N.). Dementsprechend wird ein Verstoss gegen das Willkürverbot nicht schon dann angenommen, wenn eine Entscheidung als unrichtig zu qualifizieren ist (StGH 2021/044, Erw. 2.1; StGH 2020/029, Erw. 6.1; StGH 2017/097, Erw. 2.1 [alle www.gerichtsentscheide.li]). Eine Verletzung des Willkürverbots kann auch durch eine qualifiziert unrichtige Sachverhaltsfeststellung erfolgen, sei dies durch eine offensichtlich unhaltbare Beweiswürdigung oder eine krasse Aktenwidrigkeit (StGH 2020/105, Erw. 5.1; StGH 2020/012; Erw. 5.1; StGH 2019/050, Erw. 2.1 [alle www.gerichtsentscheide.li]).
3.2
Die Beschwerdeführerin bringt zu den beiden Verfahrensgrundrechtsrügen im Wesentlichen vor, dass ihre Gegenäusserung vom 26. Mai 2021 und ihr Schriftsatz vom 17. Januar 2022 von der Regierung bzw. vom Verwaltungsgerichtshof nicht gewürdigt worden seien. Sie habe in der Gegenäusserung an die Regierung ausgeführt, dass sich die Verhältnisse hinsichtlich der Gastronomie im Weiler Ebenholz seit den Gemeinderatsbeschlüssen vom 18. August und 20. Oktober 2020 wesentlich verändert hätten. Des Weiteren habe sie mit Schriftsatz vom 17. Januar 2022 vorgebracht – was durch den Verwaltungsgerichtshof überhaupt nicht berücksichtigt worden sei –, dass es nunmehr eine Vielzahl an Interessenten gebe, die den Landgasthof Mühle kaufen und betreiben würden. Die geänderten Verhältnisse seien bei der Entscheidungsfindung nicht berücksichtigt worden. Es sei verfassungsrechtlich geboten, dynamische Entwicklungen – wie eine nunmehr gesteigerte Nachfrage nach der Gastronomie und eine pandemiebedingte weltweite Gesundheitskrise – im Rahmen der Auslegung von Art. 42 GemG und im Verwaltungsverfahren zu berücksichtigen. Sowohl die Bevölkerung als auch die heimische Wirtschaft hätten nunmehr ein gesteigertes Interesse an gastronomischen Möglichkeiten. Die Grundlage des Referendums habe sich gänzlich verändert. Wenn ein Referendum derart knapp die Stimmenanzahl während der Coronapandemie verfehlt habe, stelle es ein blosses Scheinargument dar, lediglich auf die Absolutheit von Art. 42 Abs. 2 GemG zu verweisen. Dies werde rechtsstaatlichem behördlichen Handeln nicht gerecht. Der Verwaltungsgerichtshof hätte bei der Erlassung der hier bekämpften Entscheidung sämtliche sachverhaltsrelevanten Argumente einbeziehen müssen.
Zur Willkürrüge fasst die Beschwerdeführerin dieses Vorbringen zu den beiden Verfahrensgrundrechten, wie erwähnt, kurz zusammen. Sie sieht die Willkür ausdrücklich in einer mangelnden Begründung. Damit wird einerseits die faktische Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung ausführlich im Lichte der beiden Verfahrensgrundrechte erörtert und im Rahmen der Willkürrüge wird mit der fehlenden Begründung argumentiert. Unabhängig von diesem grundrechtsdogmatisch nicht stimmigen Vorbringen ist im Folgenden zunächst die Frage der materiellen Richtigkeit im Lichte des Willkürverbots zu behandeln und anschliessend zu klären, ob die Begründung der angefochtenen Entscheidung genügt.
3.3
Hierzu ist Folgendes zu erwägen:
3.3.1
Der Beschwerdeführerin ist an sich zuzustimmen, dass bei der Auslegung von Rechtsvorschriften nicht allein auf den Wortlaut abgestellt werden darf. Nach der Rechtsprechung des Staatsgerichtshofes ist die Wortauslegung nur Ausgangspunkt der Auslegungstätigkeit. Vielmehr sind im Sinne eines „Methodenpluralismus“ alle für den jeweiligen Einzelfall relevanten Auslegungsmethoden zu berücksichtigen und deren einander allenfalls widersprechende Ergebnisse im Rahmen einer umsichtigen Güterabwägung zu gewichten (StGH 2020/108, Erw. 4.3.2; StGH 2018/100, Erw. 2.4.1; StGH 2017/080, Erw. 2.2 [alle www.gerichtsentscheide.li]; siehe auch Tobias Michael Wille, Verfassungs- und Grundrechtsauslegung in der Rechtsprechung des Staatsgerichtshofes, in: Liechtenstein-Institut [Hrsg.], Beiträge zum liechtensteinischen Recht aus nationaler und internationaler Perspektive. FS Herbert Wille, LPS Bd. 54, Schaan 2014, 131 [162 f.]).
3.3.2
Allerdings kann man der Regierung und dem Verwaltungsgerichtshof nicht den Vorwurf machen, dass sie bei der Entscheidung nur auf den Gesetzeswortlaut abgestellt hätten. Insbesondere hat der Verwaltungsgerichtshof die Gesetzesmaterialien eingehend berücksichtigt.
3.3.3
Gemäss dessen in Ziff. 14.3 ff. des Sachverhaltes wiedergegebener Erwägung nimmt der Verwaltungsgerichtshof zunächst eine genaue Analyse des Wortlauts des einschlägigen Art. 42 Abs. 2 GemG vor:
„Der erste Satz schliesst die Initiative gegen referendumsfähige Gemeinderatsbeschlüsse aus. Der zweite Satz enthält eine Relativierung des im ersten Satz umschriebenen Ausschlusses der Initiative. Bei Bauordnungen und Zonenplänen sowie anderen Gemeinderatsbeschlüssen generell-abstrakter Natur ist die Initiative frühestens nach Ablauf von zwei Jahren seit Beschlussfassung zulässig. Gemäss dem Wortlaut des Art. 42 Abs. 2 GemG ist eine Initiative gegen einen referendumsfähigen Gemeinderatsbeschluss somit nur in Fällen und unter den Voraussetzungen des zweiten Satzes dieser Bestimmung zulässig. Weitere Ausnahmen vom grundsätzlichen Ausschluss der Initiative gegen referendumsfähige Gemeinderatsbeschlüsse sieht das Gemeindegesetz nicht vor.“
3.3.4
Der Verwaltungsgerichtshof zieht darüber hinaus in Betracht, dass bezüglich weiterer möglicher Ausnahmen eine echte Gesetzeslücke bestehen könnte. Unter Berücksichtigung der Gesetzesmaterialien und somit der historischen Auslegung kommt er zum Schluss, dass weitere Ausnahmen bewusst nicht vorgesehen wurden und insoweit somit ein sogenanntes qualifiziertes Schweigen des Gesetzgebers vorliegt (siehe hierzu StGH 2020/046, Erw. 2 m. w. N. [www.gerichtsentscheide.li]). Im Bericht und Antrag werde nämlich ausdrücklich gesagt, dass Art. 42 Abs. 1 GemG ein grundsätzliches Verbot von Initiativbegehren beinhalte mit den alleinigen Ausnahmen gemäss Abs. 2. Aufschlussreich ist der weitere Hinweis des Verwaltungsgerichtshofes auf den Bericht und Antrag Nr. 66/2012, S. 23, zum Gemeindegesetz. Dort werde ausgeführt, Art. 42 Abs. 2 GemG beschränke nur das Initiativrecht der Stimmberechtigten, nicht jedoch das Recht des Gemeinderates, auf seine eigenen Beschlüsse zurückzukommen. Eine Wiedererwägung durch den Gemeinderat sei jederzeit möglich. Im Rahmen der ersten Lesung im Landtag sei ausgeführt worden, die Neufassung von Art. 42 Abs. 2 GemG sei wichtig. In Angelegenheiten, die dem Referendum unterstünden, könne keine Initiative mehr ergriffen werden (Landtagsprotokoll vom 22.06.2012, S. 1298).
3.3.5
Aufgrund dieser sorgfältigen Analyse des Verwaltungsgerichtshofes kann ausgeschlossen werden, dass der Gesetzgeber schlicht vergessen haben könnte, geänderte Umstände als weitere Ausnahme von Art. 42 Abs. 1 GemG zu normieren. Hiergegen würden auch Rechtssicherheitsüberlegungen sprechen. „Geänderte Umstände“ wären ein allzu vages Kriterium, über dessen Vorliegen wohl letztlich meist ein Gericht zu entscheiden hätte. Gerade im Lichte des (im Übrigen in der nachfolgenden Erwägung 4. behandelten) Grundrechts auf ungehinderte Ausübung der politischen Rechte ist es wichtig, dass der Umfang dieser Rechte von vornherein möglichst klar ersichtlich ist und dass Leerläufe und Missverständnisse verhindert werden. Im Lichte dieses Grundrechts sollte zudem vermieden werden, dass das Stimmvolk mehrmals und insbesondere innert kurzer Frist zu gleichen oder ähnlichen Vorlagen an die Urne gerufen wird. Dies kann zu Verärgerung und Frustration bei den Stimmberechtigten und letztlich zu einem Rückgang der Stimmbeteiligung bei Abstimmungen und damit zu einer Schwächung der direkten Demokratie führen.
3.3.6
Vor diesem Hintergrund erweist sich die Normenkontrollrüge der Beschwerdeführerin hinsichtlich Art. 42 Abs. 2 GemG als offensichtlich unbegründet, zumal dem Gesetzgeber im Lichte des zu dieser Normenkontrollrüge geltend gemachten Willkürverbots ein besonders grosser Spielraum zukommt (vgl. Hugo Vogt, Willkürverbot, in Kley/Vallender [Hrsg.], Grundrechtspraxis in Liechtenstein, LPS Bd. 52, Schaan 2012, 618 f., Rz. 28). Hieran ändert das zu dieser Rüge vorgebrachte Argument der Beschwerdeführerin nichts, dass das Referendum im Beschwerdefall nur wegen 19 fehlenden Unterschriften nicht zustande gekommen sei. Hier muss die Rechtssicherheit vorgehen; irgendwo muss eine Grenze gezogen werden. Wie bei Fristen kann dies im Interesse der Rechtssicherheit nur die im Gesetz vorgegebene sein. Bei zahlenmässig fixierten gesetzlichen Vorgaben ist keine „grosszügige Handhabung“ im Sinne eines „Aufrundens“ oder des „ein Auge Zudrückens“ möglich. Die Beschwerdeführerin macht nicht geltend, dass die gesetzlich erforderliche Unterschriftenzahl für Gemeindereferendum und -initiative (oder auch die entsprechenden Fristen) willkürlich festgesetzt worden wären. Solches ist auch nicht ersichtlich. Folglich ist nach der Rechtsprechung des Staatsgerichtshofes von vornherein darauf zu verzichten, ein formelles Normenkontrollverfahren einzuleiten (vgl. StGH 2016/024, Erw. 2; StGH 2015/047, Erw. 3.7 [beide www.gerichtsentscheide.li]).
3.3.7
Von der Beschwerdeführerin wird zwar – allerdings im Rahmen der Rüge der Verletzung des Grundrechts auf ungehinderte Ausübung der politischen Rechte gemäss Art. 29 LV – bestritten, dass im Beschwerdefall keine der beiden Ausnahmen gemäss Art. 42 Abs. 2 GemG vorliege. Wie zu jener Grundrechtsrüge noch ausgeführt wird (siehe Erw. 4.3.1 f.), sind diese Kriterien hier klar nicht erfüllt bzw. die entsprechenden Beschwerdeausführungen sind gar nicht zulässig. Wie gerade erwogen, ist die Rechtslage zudem klar, dass weitere Ausnahmen neben den in Art. 42 Abs. 2 GemG explizit genannten ausgeschlossen sind. Somit können die konkreten Umstände im Beschwerdefall bzw. deren Änderung im Einklang mit den Erwägungen des Verwaltungsgerichtshofes keine Relevanz haben.
3.4
Diese vom Verwaltungsgerichtshof vertretene Rechtsansicht kann deshalb nicht willkürlich sein. Ebenso wenig kann sie als blosse Scheinbegründung abgetan werden. Der Verwaltungsgerichtshof durfte entsprechend ohne Verletzung des Rechtsverweigerungsverbots und des Begründungsanspruchs unter Hinweis auf deren fehlende Relevanz der behaupteten geänderten Umstände verzichten, auf das betreffende Vorbringen einzugehen.
4.
Schliesslich ist auf die Rüge der Verletzung des grundrechtlichen Anspruchs auf ungehinderte Ausübung der politischen Rechte einzugehen.
4.1
Die in Art. 29 LV verankerten politischen Rechte räumen den Landesangehörigen unmittelbare Mitwirkungsbefugnisse an der demokratischen Willensbildung und am staatlichen Entscheidungsprozess ein. Ihr Umfang und ihre Ausgestaltung werden durch Verfassung und Gesetz umschrieben. Nach ständiger Rechtsprechung des Staatsgerichtshofes gehören die politischen Rechte zu den verfassungsmässig gewährleisteten Rechten (Bernhard Ehrenzeller/Rafael Brägger, Politische Rechte, in: Kley/Vallender [Hrsg.], Grundrechtspraxis in Liechtenstein, LPS Bd. 52, Schaan 2012,, 642 f., Rz. 9 f.). Art. 29 LV beinhaltet einen grundrechtlichen Anspruch auf ungehinderte Ausübung der politischen Rechte (StGH 2013/183, Erw. 2.1; StGH 2004/058, Erw. 2.3; StGH 2003/071, Erw. 2 [alle www.gerichtsentscheide.li]).
Die Bestimmungen der Verfassung über die Volksrechte „sollen den hohen demokratischen Stellenwert unterstreichen“ und sind daher „im Zweifelsfalle so auszulegen, dass der demokratische Grundcharakter sich durchsetzen kann“ (Bernhard Ehrenzeller/Rafael Brägger, a. a. O., 641, Rz. 3 mit Verweis auf Gutachten vom 6. März 1987, StGH 1986/010, LES 1987, 148 [152 f.]).
Der Staatsgerichtshof zählt auch die politischen Rechte auf Gemeindeebene zum sachlichen Geltungsbereich von Art. 29 LV (siehe StGH 2004/058, Erw. 2.1 ff. [www.gerichtsentscheide.li]). Da Art. 111 LV eine analoge Bestimmung für die politischen Rechte auf Gemeindeebene enthält, könnte insoweit alternativ oder zusätzlich diese Bestimmung herangezogen werden (siehe Patricia M. Schiess Rütimann, Online-Kommentar zur liechtensteinischen Verfassung [verfassung.li; Stand: 15. Dezember 2015], Art. 29, Rz. 70). Wie die Beschwerdeführerin ausführt, umfassen die politischen Rechte in der Gemeinde gemäss Art. 5 GemG das Stimmrecht, das aktive und passive Wahlrecht sowie das Recht der Initiative und des Referendums (siehe auch Patricia M. Schiess Rütimann, Online-Kommentar zur liechtensteinischen Verfassung [verfassung.li; Stand: 14. Januar 2016], Art. 111, Rz. 23).
4.2
Die Beschwerdeführerin bringt Folgendes vor:
4.2.1
Der Gemeinderat von Vaduz habe mit seiner Entscheidung faktisch verhindert, dass eine Alternative zur Erstellung einer Grünfläche auf dem Areal des Landgasthofes Mühle mittels Initiativrechts vorgelegt werden könne. Der Beschwerdeführerin gehe es darum, im Quartier eine Gestaltung zu initiieren, um damit eine Grünfläche mit allen damit verbundenen Nachteilen zu verhindern. Anhand des Beispiels Postplatz Schaan und unter Berücksichtigung der Lage des Grundstücks werde von der Initiantin und zahlreichen weiteren Gemeindebürgerinnen und -bürgern befürchtet, dass an diesem Platz eine ähnliche Situation entstehen könnte wie in Schaan. Damit würde das Quartier erheblichen Schaden erleiden und im Vergleich zur heutigen Situation deutlich abgewertet.
4.2.2
Selbst im Gemeinderat seien Bedenken gegen den Abbruch geäussert und es sei daher von zwei Gemeinderätinnen ein Rückkommensantrag gestellt worden, welcher hätte verhindern können, dass ein alternativloser Abbruch mit Grünflächengestaltung erfolge.
4.2.3
Nachdem die Beschwerdeführerin das Referendum gegen den Gemeinderatsbeschluss ergriffen habe, sei dieses mangels 19 (!) Unterschriften nicht zustande gekommen, weil ihr bezüglich der Zeit für die Unterschriftensammlung seitens der Gemeinde eine falsche Information gegeben worden sei. Auch sei ihr auf eine weitere Anfrage mitgeteilt worden, dass eine Initiative begründet werden müsse. Diese ebenfalls falsche Auskunft habe dazu geführt, dass der Gemeinderat die von der Gemeinde verlangte Begründung heranzogen habe, um daraus negative Folgen für die Initiative abzuleiten: „Gemäss eigenen Angaben von A ist die Initiative A als Ergänzung zum Referendum A zu sehen (Bericht Liechtensteiner Vaterland vom 06.11.2020).“ Der Gemeinderat komme in seiner Entscheidung zum Schluss, dass die Initiative A somit identisch mit dem nicht zustande gekommenen Referendum sei.
4.2.4
Bei verfassungskonformer Auslegung sei daher weder die Referendumsfrist ungenutzt abgelaufen, da die Beschwerdeführerin am 15. September 2020 ein Referendumsbegehren eingereicht habe, noch sei ein Referendum zustande gekommen. Somit seien beide Bedingungen nicht erfüllt, welche eine Initiative ausschlössen. Beim Referendums- und beim Initiativrecht handle es sich um verfassungsmässige Volksrechte, welche im Zweifel zuzulassen seien.
4.2.5
Würde man der Argumentation der Gemeinde zustimmen, könnte man entweder gar nie mehr eine Initiative einreichen, weil der Abbruch der Mühle nicht generell-abstrakter Natur sei und nur bei solchen Beschlüssen frühestens nach Ablauf von zwei Jahren eine Initiative eingereicht werden könne. Im Umkehrschluss könnte man aber auch behaupten, dass bei individuell-konkreten Beschlüssen, wie dem vorliegenden, schon vor Ablauf von zwei Jahren wieder eine Initiative eingereicht werden könnte.
4.3
Zu diesem Beschwerdevorbringen ist Folgendes zu erwägen:
4.3.1
Zunächst wird in der Stellungnahme des Verwaltungsgerichtshofes im Ergebnis zu Recht ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin mit einem Teil ihres Vorbringens gegen das Erfordernis der Ausschöpfung des Instanzenzuges verstösst. Gemäss dieser Eintretensvoraussetzung reicht es nicht aus, dass im Individualbeschwerdeverfahren eine letztinstanzliche Entscheidung angefochten wird. Vielmehr ist es auch erforderlich, dass der Instanzenzug, in dem die angefochtene Entscheidung ergangen ist, von der beschwerdeführenden Partei tatsächlich durchlaufen wurde. Es sollen keine Grundrechtsrügen zulässig sein, hinsichtlich welcher die letzte ordentliche Instanz mangels Kenntnis oder jedenfalls mangels entsprechender Rüge keinen Anlass zum Einschreiten und zur Behebung der Grundrechtsverletzung hatte. Entsprechend diesen Erwägungen ist das Kriterium der Erschöpfung des Instanzenzuges auf jede einzelne Grundrechtsrüge anzuwenden. Wenn eine Grundrechtsverletzung – sofern sie nicht erst durch die letzte Instanz begangen wurde – erst vor dem Staatsgerichtshof gerügt wird, ist diesem demnach eine materielle Prüfung verwehrt (StGH 2020/072, Erw. 1.2; StGH 2013/204, Erw. 2.2; StGH 2013/173, Erw. 2.2 [alle www.gerichtsentscheide.li]). Diese Rechtsprechung gilt auch für einzelne Begründungsteile einer Grundrechtsrüge (StGH 2021/064, Erw. 1.3 [www.gerichtsentscheide.li]).
Konkret geht es um das Beschwerdevorbringen, dass die Beschwerdeführerin von der Gemeinde falsche Informationen erhalten habe und dass die Referendumsfrist nicht ungenutzt abgelaufen sei, weil die Beschwerdeführerin ein Referendum angemeldet habe. Tatsächlich hat die Beschwerdeführerin diese Argumentationslinie erfolglos in ihrer Beschwerde an die Regierung verwendet, aber nicht mehr in ihrer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Somit braucht hierauf im Folgenden nicht eingegangen zu werden.
4.3.2
Soweit darüber hinaus geltend gemacht wird, dass beim Referendum „nur“ 19 Unterschriften fehlten, kann auf die Erwägung 3.3.6 verwiesen werden.
4.3.3
Ebenfalls nichts zu gewinnen ist mit dem weiteren Vorbringen, der Gemeinderat von Vaduz habe mit seiner Entscheidung faktisch verhindert, dass eine Alternative zur Erstellung einer Grünfläche auf dem Areal des Landgasthofes Mühle mittels Initiativrechts vorgelegt werden könne. Denn wie gerechtfertigt ein mit einer Initiative verfolgtes Anliegen auch immer sein mag, es müssen doch unabhängig davon die von Verfassung und Gesetz vorgegebenen formalen Voraussetzungen eingehalten werden. Hieran ändert die nach der Rechtsprechung des Staatsgerichtshofes zu beachtende Zweifelsregel (siehe Erwägung 4.1) nichts. Denn diese bezieht sich nur auf Formvorschriften und nicht auf die inhaltliche Beurteilung der Angemessenheit oder allenfalls sogar Dringlichkeit des damit verfolgten Anliegens.
4.3.4
Weiter überzeugt das Argument nicht, dass selbst im Gemeinderat Bedenken gegen den Abbruch geäussert worden seien und daher von zwei Gemeinderätinnen ein Rückkommensantrag gestellt worden sei. Dieses Vorbringen zeigt gerade, dass die Volksvertretung, für welche die Einschränkungen von Art. 42 Abs. 2 Satz 1 GemG nicht gelten und die somit den Beschluss vom 18. August 2020 jederzeit abändern könnte (siehe Erw. 3.3.4), trotz Rückkommensantrag grossmehrheitlich daran festhalten wollte.
4.3.5
Wenn die Beschwerdeführerin weiter vorbringt, nach der Argumentation der Gemeinde könnte man gar nie mehr eine Initiative einreichen, weil der Abbruch der Mühle nicht generell-abstrakter Natur sei, so ist dem zuzustimmen. Wie erwähnt, wollte der Gesetzgeber keine weiteren als die in Art. 42 Abs. 2 GemG normierten Ausnahmen. Zudem ist es eine sachgerechte Lösung, über Beschlüsse, die nur einen Einzelfall betreffen, keine weitere Abstimmung zuzulassen, wenn sie Gegenstand eines gescheiterten Referendums waren. Es kann auch hierzu auf die Erwägung 3.3.5 verwiesen werden, wonach wiederholte Urnengänge zum gleichen Thema zu Frustration und zum Rückgang der Stimmbeteiligung bei Abstimmungen und damit zur Schwächung der direkten Demokratie führen können. Schliesslich ist zu wiederholen, dass der Gemeinderat jederzeit auf ein solches individuell-konkretes Geschäft zurückkommen kann.
4.3.6
Nicht nachvollziehbar ist schliesslich das Beschwerdevorbringen, man könnte im Umkehrschluss zur Argumentation der Gemeinde behaupten, dass bei individuell-konkreten Beschlüssen, wie dem vorliegenden, schon vor Ablauf von zwei Jahren wieder eine Initiative eingereicht werden könnte. Der Wortlaut von Art. 42 Abs. 2 GemG ist klar: Wie der Verwaltungsgerichtshof ausführt, schliesst der erste Satz die Initiative gegen referendumsfähige Gemeinderatsbeschlüsse aus. Der zweite Satz enthält mit der Zweijahresfrist eine Relativierung des im ersten Satz umschriebenen Ausschlusses der Initiative allein für Gemeinderatsbeschlüsse generell-abstrakter Natur. Für individuell-konkrete Beschlüsse bleibt es dagegen beim generellen Verbot gemäss Satz 1. Was die Argumentation des Gemeinderates hieran ändern soll, ist für den Staatsgerichtshof nicht ersichtlich.
4.4
Insgesamt wurden die Formvorschriften für die Ausübung der Volksrechte auf Gemeindeebene korrekt angewendet. Zudem bestand keine Möglichkeit zu einer verfassungskonformen anderen Handhabung dieser gesetzlichen Vorgaben. Somit ist im Beschwerdefall keine Verletzung des Grundrechts auf ungehinderte Ausübung der politischen Rechte erfolgt.
5.
Aus all diesen Gründen war die Beschwerdeführerin mit keiner ihrer Grundrechtsrügen erfolgreich, sodass der vorliegenden Individualbeschwerde spruchgemäss keine Folge zu geben ist.
6.
Die der Beschwerdeführerin auferlegten Gerichtsgebühren von CHF 1‘700.00 setzen sich gemäss dem Streitwert von CHF 50‘000.00 aus der Pauschalgebühr für das Individualbeschwerdeverfahren von CHF 1‘700.00 (Art. 56 Abs. 1 StGHG i. V. m. Art. 1 Abs. 1 Bst. b, Art. 35 Abs. 1 und Art. 30 Abs. 1 GGG) zusammen. Diese Gerichtsgebühren wurden von der Beschwerdeführerin mit Valuta vom 15. Juni 2022 bereits beglichen.