VGH 2022/110 BESCHLUSS Der Präsident des Verwaltungsgerichtshofes des Fürstentums Liechtenstein, Vaduz, lic.iur. Andreas Batliner, hat in der Beschwerdesache des wegen | Asyl (Unzulässigkeit) |
gegen | Unzulässigkeitsentscheid des für das Ministerium für Inneres zuständigen Regierungsmitglieds vom 13. Dezember 2022 zu UE: 2696353 |
am 17. Januar 2023 entschieden: 1. | Die Beschwerde vom 27. Dezember 2022 gegen den Unzulässigkeitsentscheid des für das Ministerium für Inneres zuständigen Regierungsmitglieds vom 13. Dezember 2022 zu UE: 2696353 wird abgewiesen und die angefochtene Entscheidung bestätigt. |
2. | Der Antrag des Beschwerdeführers vom 27. Dezember 2022 auf Gewährung der Verfahrenshilfe in vollem Umfang wird abgewiesen. |
3. | Die Kosten des Verfahrens verbleiben beim Land. |
TATBESTAND | 1. | Der Beschwerdeführer, geboren am *** 1996 und ein Staatsangehöriger von Belarus, reiste am 16. November 2022 gemeinsam mit seinem Cousin in Liechtenstein ein und stellte bei der Landespolizei ein Asylgesuch. Zum Nachweis seiner Identität legte der Beschwerdeführer ein auf seinem Mobiltelefon befindliches Foto seines angeblichen belarussischen Reisepasses vor, der bis zum 11. Juni 2031 gültig ist. | | Zuvor waren die beiden Männer bei der Kontrolle des Grenzübergangs Schaanwald durch das Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG) mit dem Linienbus von Österreich kommend angehalten und mangels Originaldokumenten nach St. Margrethen zur weiteren Kontrolle und Behandlung gebracht worden. Gegenüber den BAZG-Beamten hatte der Beschwerdeführer ausgeführt, dass er bereits in Norwegen oder Polen um Asyl angesucht hatte, jedoch wieder zurück nach Deutschland gewiesen worden war. In Deutschland seien auch seine Dokumente, welche er noch nicht zurückbekommen habe. | | Anlässlich seiner Asylgesuchstellung in Liechtenstein gab der Beschwerdeführer vor der Landespolizei an, er und sein Cousin seien nach der Kontrolle von St. Margrethen nach Dornbirn gegangen, um von dort mit dem Zug nach Feldkirch und weiter mit dem Bus nach Liechtenstein zu fahren. Die Abklärungen der Landespolizei in den relevanten Informationssystemen ergaben einen Treffer in Verbindung mit dem rechtswidrigen Grenzübertritt des Beschwerdeführers vom 16. November 2022. |
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| 2. | Die Prüfung in der europäischen Fingerabdruck-Datenbank (Eurodac) am 18. November 2022 ergab, dass der Beschwerdeführer bereits am am 10. Dezember 2021 in Deutschland, am 15. Februar 2022 in Belgien, am 20. Februar 2022 in den Niederlanden und am 26. Mai 2022 in Norwegen jeweils ein Asylgesuch gestellt hatte. | | Im europäischen Visa-Informationssystem (VIS) war der Beschwerdeführer nicht verzeichnet. |
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| 3. | Der Beschwerdeführer wurde am 18. November 2022 gemeinsam mit seinem Cousin durch das Ausländer- und Passamt (APA) mittels Dolmetscher befragt und über seine Rechte im Verfahren sowie über das Dublin-Verfahren umfassend belehrt. Dabei gab der Beschwerdeführer an, dass er gesund sei. Sie seien nach Liechtenstein gekommen, um Asyl zu beantragen. Zuvor seien sie auch schon in Deutschland und den Niederlanden gewesen. Sie hätten auch ein polnisches humanitäres Visum besorgt, um nach Liechtenstein zu gelangen. Dieses bekomme man für ein Jahr, wenn man mit der politischen Situation nicht einverstanden sei. Der Beschwerdeführer führte aus, dass er seinen Reisepass der deutschen Polizei gegeben habe, die diesen verloren habe. Sowohl in München als auch in Nürnberg habe er eine Verlustbestätigung gemacht. Er habe eine Kopie des Passes in seinem Telefon. | | Der Beschwerdeführer bestätigte dem APA das Ergebnis der Eurodac-Abfrage. In Belgien habe er sich nur einen einzigen Tag aufgehalten. In Deutschland und in Norwegen habe er einen negativen Bescheid erhalten und von Norwegen sei er mit Flugzeug nach Deutschland überstellt worden. Dabei sei ihm auch sein Reisepass abgenommen worden. Er habe sich dann zwei Monate in Deutschland aufgehalten, bevor er nach Liechtenstein gereist sei. Der Beschwerdeführer betonte, er sei in Deutschland nicht untergetaucht. Als er dort einen Bescheid bekommen habe, dass er aufgrund seines polnischen Visums nach Polen gebracht werden sollte, habe er Deutschland verlassen. Zuvor habe er aber einen Lagermitarbeiter darüber informiert. Den Schengenraum habe er seit seiner Einreise im Jahr 2021 nicht verlassen. Der Beschwerdeführer wurde informiert, dass es keinen Eintrag zu seiner Person im VIS gebe. | | Auf die Frage, ob es Gründe gebe, die dagegen sprächen, dass sein Antrag nicht in Liechtenstein, sondern in einem anderen Dublin-Staat geprüft werde, führte der Beschwerdeführer aus, dass er nicht nach Deutschland und nicht in die Niederlande wolle. Dort hätten sie auf einem Schiff gewohnt, das Wasser sei schlecht gewesen und sie hätten Salmonellen bekommen. | | Belarus habe er am 06. November 2021 verlassen, weil er mit dem Regime und der Diktatur nicht einverstanden sei. Seine Mutter werde von der Militärbehörde angerufen, weil man ihn in den Krieg schicken wolle. In Minsk lebe auch seine Schwester. Weitere Fluchtgründe habe er nicht. Seine Fluchtgründe habe er auch bereits in den anderen Dublin-Staaten angegeben. |
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| 4. | Gestützt auf das Ergebnis der Eurodac-Abfrage, die Aktenlage und die Angaben des Beschwerdeführers ersuchte das APA die deutschen Behörden am 23. November 2022 um Wiederaufnahme des Beschwerdeführers gemäss Art. 18 Abs. 1 Bst. d Dublin-III-Verordnung. | | Die deutschen Behörden teilten mit Schriftsatz vom 25. November 2022 mit, dass dem Ersuchen entsprochen und der Beschwerdeführer gemäss Art. 18 Abs. 1 Bst. c Dublin-III-Verordnung übernommen werde. Ein kontrollierter Transfer solle nach Möglichkeit über die Flughäfen Nürnberg oder München erfolgen. Der Beschwerdeführer habe sich in der Erstaufnahmeeinrichtung ZEAE Zirndorf zu melden, aus Sicherheitserwägungen akzeptiere die Republik Deutschland bis auf Weiteres keine freiwilligen Überstellungen. Zur rechtzeitigen Verständigung aller beteiligten Dienststellen seien die Einzelheiten zum Transfer mindestens sieben Tage vor dem Transfer, bei physischen oder psychischen Einschränkungen wie auch im Falle der Notwendigkeit besonderer Vorkehrungen bei oder nach der Überstellung mindestens 10 Tage vor dem geplanten Termin mitzuteilen. |
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| 5. | Am 25. November 2022 ging die Anzeige des BAZG betreffend die Missachtung der Einreisevoraussetzungen durch den Beschwerdeführer beim APA ein. |
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| 6. | Am 13. Dezember 2022 entschied das für das Ministerium für Inneres zuständige Regierungsmitglied nach Art. 5 Abs. 2 AsylG, dass das Asylgesuch des Beschwerdeführers wegen Unzulässigkeit zurückgewiesen (Ziff. 1) und der Beschwerdeführer nach Deutschland weggewiesen werde (Ziff. 2). Der Beschwerdeführer habe Liechtenstein binnen sieben Tagen ab Rechtskraft dieses Entscheides zu verlassen (Ziff. 3). Im Unterlassungsfall würden angemessene Zwangsmassnahmen angeordnet (Ziff. 4). |
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| 7. | Dieser Unzulässigkeitsentscheid wurde dem Beschwerdeführer am 15. Dezember 2022 mittels eines Dolmetschers durch das APA eröffnet. Der Beschwerdeführer gab an, er habe den Unzulässigkeitsentscheid und die Wegweisung nach Deutschland verstanden. | | Dem Beschwerdeführer wurden die Rechtsmittel und die Beschwerdefrist erklärt sowie die Bestandteile einer Beschwerde explizit aufgezählt. Er wurde auf die Möglichkeit einer Rechtsvertretung durch einen Rechtsanwalt und die Einreichung eines Antrags auf Verfahrenshilfe sowie die Möglichkeit, die Beschwerde in seiner Muttersprache einzureichen, hingewiesen. Der Beschwerdeführer gab an, er habe die Rechtsmittel verstanden und ersuchte um Wiederholung der Fristen, um gegen den Unzulässigkeitsentscheid Beschwerde einzureichen. | | Dem Beschwerdeführer wurde auch die kostenlose Rechtsberatung erläutert, wonach der Rechtsberater über eine juristische Qualifikation verfüge und die Beratung die Chancen und den Ablauf des Beschwerdeverfahrens sowie die Beratung und Unterstützung im Beschwerdeverfahren, jedoch nicht die Vertretung vor Gericht umfasse. Zur Unterstützung im Beschwerdeverfahren zähle insbesondere die Stellung eines Verfahrenshilfeantrages, der zusammen mit der Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof einzureichen sei. Der Beschwerdeführer wünschte eine kostenlose Rechtsberatung. | | Zu seinem Gesundheitszustand führte der Beschwerdeführer aus, dass er gesund sei. Es spreche aus medizinischer Sicht nichts gegen eine Reise mit dem Flugzeug. Er habe keine weiteren Fragen, es sei ihm alles gut erklärt worden. |
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| 8. | Mit im Zuge der kostenlosen Rechtsberatung verfasstem Schriftsatz des Beschwerdeführers vom 27. Dezember 2022 (entspricht dem Datum der Postaufgabe) erhob der Beschwerdeführer Beschwerde gegen den Unzulässigkeitsentscheid vom 13. Dezember 2022 an den Verwaltungsgerichtshof. Darin focht er den Unzulässigkeitsentscheid zur Gänze an und machte als Beschwerdegründe insbesondere diejenigen des Art. 90 Abs. 6 LVG geltend. Inhaltlich führte der Beschwerdeführer aus, dass der Vollzug der Wegweisung nach Deutschland nicht zumutbar und nicht zulässig sei. | | Der Beschwerdeführer stellte die Anträge, der Verwaltungsgerichtshof möge der gegenständlichen Beschwerde Folge geben und die angefochtene Entscheidung dahingehend abändern, dass der Unzulässigkeitsentscheid der Regierung ersatzlos aufgehoben und dem Beschwerdeführer Asyl gewährt werde; in eventu möge der Verwaltungsgerichtshof die angefochtene Entscheidung aufheben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung unter Bindung an die Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes an die Regierung zurückverweisen. | | Mit demselben Schriftsatz stellte der Beschwerdeführer auch einen Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe im vollen Umfang unter Beigabe eines Rechtsanwaltes zum Verfahrenshelfer. In seinem beigelegten Vermögensbekenntnis gab der Beschwerdeführer an, dass er gegenüber der deutschen Bahn aufgrund einer Busse Rückzahlungsverpflichtungen in der Höhe von EUR 600.00 habe. |
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| 9. | Der Präsident des Verwaltungsgerichtshofes zog die den Beschwerdeführer betreffenden Akten der Regierung und des APA bei und entschied am 17. Januar 2023 wie aus dem Spruch ersichtlich. |
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ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE | 1. | Der Beschwerdeführer stellte am 16. November 2022 in Liechtenstein ein Asylgesuch. Somit ist das Asylgesetz (AsylG) vom 14. Dezember 2011, LGBl. 2012 Nr. 29 idF LGBl. 2022 Nr. 221, anwendbar. | | Gemäss Art. 76 Abs. 1 AsylG kann gegen Entscheidungen der Regierung oder des zuständigen Regierungsmitglieds binnen 14 Tagen ab Zustellung Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht werden. Ein Antrag auf Verfahrenshilfe kann nach Art. 83 Abs. 1a AsylG frühestens mit dem verfahrenseinleitenden Schriftsatz bzw. der Beschwerde gestellt werden. | | Gemäss Art. 77 Abs. 2 Bst. a und c AsylG entscheidet ein Einzelrichter des Verwaltungsgerichtshofes endgültig über Beschwerden gegen Entscheidungen betreffend die Unzulässigkeit eines Asylgesuchs und die damit verbundene Wegweisung sowie über Anträge. Zuständig ist gemäss Geschäftsordnung vom 15. Februar 2019, LGBl. 2019 Nr. 42, iVm Ziff. 6 der Geschäftsverteilung vom 24. Oktober 2022 der Präsident des Verwaltungsgerichtshofes (Art. 77 Abs. 4 AsylG; abrufbar unter www.vgh.li). | | Im vorliegenden Verfahren kommt die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin-III-Verordnung), direkt zur Anwendung. | | Die rechtzeitige Beschwerde des Beschwerdeführers ist als zulässig im Sinne des Art. 76 Abs. 1 AsylG zu werten (vgl. dazu auch StGH 2017/167 vom 27. März 2018; StGH 2017/142 vom 29. Juni 2018; StGH 2022/051 vom 30. August 2022, Erw. 2.3.2; alle nicht öffentlich abrufbar). |
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| 2. | Der Präsident des Verwaltungsgerichtshofes schliesst sich diesen Feststellungen wie auch der diese tragenden Beweiswürdigung im Unzulässigkeitsentscheid vollinhaltlich an (Art. 101 Abs. 4 LVG). |
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| 3. | Die Beschwerde richtet sich inhaltlich, obwohl sie angibt, den Unzulässigkeitsentscheid zur Gänze zu bekämpfen, im Wesentlichen gegen den Vollzug der Wegweisung und damit nicht gegen die Zuständigkeit Deutschlands. Der Beschwerdeführer macht weder geltend, dass das Konsultationsverfahren mit Deutschland nicht ordnungsgemäss geführt und seine Verfahrensrechte verletzt worden wären oder ein anderer Mitgliedstaat zuständig sei, noch bringt er annähernd substantiiert vor, dass im deutschen Asyl- und Betreuungssystem systemische Schwachstellen im Sinne des Art. 3 Abs. 2 Dublin-III-Verordnung vorliegen. Derartiges ergibt sich auch nicht aus den beigezogenen Akten der Unterinstanzen oder anderen öffentlich zugänglichen Quellen. Vielmehr überstellen auch alle anderen Dublin-Staaten nach Deutschland, wie das zuständige Regierungsmitglied richtig im angefochtenen Unzulässigkeitsentscheid feststellte und vom Beschwerdeführer nicht bekämpft wurde. |
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| 4. | Deutschland hat der Übernahme des Beschwerdeführers gemäss Art. 18 Abs. 1 Bst c Dublin-III-Verordnung im Schreiben vom 25. November 2022 auch ausdrücklich zugestimmt. Die Übernahme nach dieser Bestimmung belegt gleichzeitig, dass Deutschland das Asylgesuch des Beschwerdeführers bereits zuvor in Behandlung zog, dieser jedoch seinen Antrag während der Antragsprüfung zurückzog. Zu Recht hielt das zuständige Regierungsmitglied fest, dass die Dublin-III-Verordnung klar die Zuständigkeiten festlegt und keine Wahl eines Antragstellers auf das Land besteht, in dem er sein Asylverfahren zu haben wünscht. Deutschland erklärte denn auch, den Beschwerdeführer aufzunehmen. Dabei wird Deutschland sicherstellen, dass inhaltlich über das Asylgesuch des Beschwerdeführers abgesprochen wird, so im damaligen Verfahren noch nicht erstinstanzlich über sein Asylgesuch entschieden worden ist (Art. 18 Abs. 2 Dublin-III-Verordnung). Gegebenenfalls kann der Beschwerdeführer auch einen neuen Antrag stellen, um allfällig geänderte Voraussetzungen, wie eine geänderte Situation im Heimatland, darzulegen und dadurch eine Neubeurteilung einer bereits gefällten Entscheidung zu erzielen. | | Dem tritt der Beschwerdeführer mit seiner Beschwerde nicht entgegen. Es ist am Beschwerdeführer, in Deutschland entweder seine Gründe zur Asylerlangung bzw. seine Rückkehrbefürchtungen vorzutragen und Rechtsmittel zu ergreifen oder gegebenenfalls eine Neubeurteilung seines Falles zu beantragen. | | Richtig führte das zuständige Regierungsmitglied deshalb aus, dass die Prüfung der Probleme im Heimatland des Beschwerdeführers und die Berücksichtigung der dortigen aktuellen abschieberelevanten Situation die Aufgabe der zuständigen deutschen Behörden ist. Es ist Sache des Beschwerdeführers, in Deutschland - gegebenenfalls unter Inanspruchnahme eines Rechtsbeistandes - eine Wegweisung oder gegebenenfalls Ausschaffung zu verhindern und eine allfällige positive Beurteilung seines Gesuchs zu erreichen. Dem tritt der Beschwerdeführer mit seiner Beschwerde nicht entgegen. | | Mit den Ausführungen zu den Umständen, die den Beschwerdeführer zum Verlassen seines Heimatlandes gezwungen haben und einer Rückkehr dorthin entgegenstehen sollen (Ziff. II.1 der Beschwerde), ist der Beschwerdeführer deshalb an die deutschen Behörden und Gerichte zu verweisen. |
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| 5. | Der Beschwerdeführer bringt weiter vor (Ziff. II.2, II.3 und II.4 der Beschwerde), dass seine Wegweisung nach Deutschland dazu führen würde, dass er aufgrund eines negativen Gesuchentscheids betreffend sein Asylgesuch in Deutschland nach Polen ausgeliefert werden würde. Dort bestünden einerseits Mängel im Aufnahmesystem und andererseits drohe die Gefahr, dass der Beschwerdeführer von dort schlussendlich in seine Heimat überstellt werde, wo ihm Verfolgung drohe. Eine zu erwartende Bedrohung von Leib, Leben und Freiheit sei in Deutschland durch die vorgesehene Wegweisung nach Polen gegeben. Damit verletze Deutschland das Non-Refoulement-Gebot, weshalb die Wegweisung des Beschwerdeführers nach Deutschland weder zumutbar noch zulässig sei. | | Hierzu ist einerseits festzuhalten, dass sich bereits keine Hinweise darauf ergeben, dass der Beschwerdeführer von Deutschland nach Polen überstellt werden sollte. Würde Deutschland Polen nach einem Konsultationsverfahren als den zuständigen Mitgliedstaat erachten, hätte es nicht dem liechtensteinischen Übernahmeersuchen entsprochen und sich für zuständig erklärt, sondern auf die Zuständigkeit Polens verwiesen. Zwar behauptete der Beschwerdeführer bereits vor dem APA, auch in Polen gewesen zu sein und dort ein humanitäres Visum erhalten zu haben. Dies stellte er aber lediglich gänzlich unbelegt in den Raum. Weder aus dem Eurodac-System noch aus dem VIS ergeben sich Hinweise, dass dem Beschwerdeführer internationaler Schutz oder ein Visum durch Polen erteilt worden wäre. Der Beschwerdeführer konnte hierfür auch keinerlei Nachweise erbringen. Vielmehr hatte er ausgeführt, dass sich Deutschland auch in früheren Konsultationsverfahren (konkret mit Norwegen) bereits als der zuständige Mitgliedstaat bezeichnet und den Beschwerdeführer übernommen hatte. | | Andererseits kann der Beschwerdeführer mit seinem wenig substantiierten Vorbringen den Ausführungen im Unzulässigkeitsentscheid auch nicht annähernd entgegentreten, wonach Deutschland das Non-Refoulement-Gebot beachte, wonach Rückführungen in Länder, in welchen das Leben oder die Freiheit von Personen gefährdet ist oder sie der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe ausgesetzt wären, nicht durchgeführt werden dürften. Es bleibe festzuhalten, dass Deutschland schutzwillig und schutzfähig sowie für den Beschwerdeführer sicher sei. Insbesondere dürfe Liechtenstein darauf vertrauen, dass Deutschland seine völkerrechtlichen und europarechtlichen Verpflichtungen einhalten werde. | | Selbst ginge man von der Wahrunterstellung aus, dass der Beschwerdeführer durch Deutschland in einen weiteren Dublin-Staat überstellt werden würde, so ist der Beschwerdeführer mit seinem Beschwerdevorbringen, dass Polen systemische Mängel im Aufnahmesystem aufweise, an die deutschen Behörden und Gerichte zu verweisen. Wie bereits für das zuständige Regierungsmitglied ergeben sich auch für den Verwaltungsgerichtshof keinerlei Hinweise, dass Deutschland für den Beschwerdeführer kein sicherer Staat sein könnte. Auch einer allfälligen Wegweisung nach Polen müsste der Beschwerdeführer im für ihn zuständigen Mitgliedstaat Deutschland gegenüber den dortigen Behörden und Gerichten, allenfalls unter Zuhilfenahme einer Rechtsvertretung oder indem er sich an Hilfsorganisationen wendet, entgegentreten (s. hierzu auch EuGH vom 17. März 2016, C-695/15 PPU, EU:C:2016:188, Rn. 46ff). | | Mit Verweis auf den Grundsatz des wechselseitigen Vertrauens der Mitgliedstaaten (vgl. StGH 2016/98, Erw. 12.7; StGH 2018/091 vom 29. Oktober 2018, abrufbar unter www.gerichtsentscheide.li; EuGH vom 10. Dezember 2013, Abdullahi, C-394/12, EU:C:2013:813, Rn. 52 und 53, und vom 07. Juni 2016, Ghezelbash, C-63/15, EU:C:2016:409, Rn. 55) darf Liechtenstein davon ausgehen, dass Deutschland als EU-Mitgliedstaat, der die Übernahme des Beschwerdeführers ausdrücklich erklärt hat, die Grund- und Menschenrechte wie auch die weiteren Rechte des Beschwerdeführers achten wird. Es ergeben sich - wie das zuständige Regierungsmitglied hervorgehoben hat - keinerlei Hinweise, dass Deutschland als EU-Mitgliedstaat sich an die Verpflichtungen aus der Genfer Flüchtlingskonvention, der EMRK und der EU-Grundrechtecharta sowie der Dublin-III-Verordnung, der Asylverfahrensrichtlinie und der Aufnahmerichtlinie nicht halten würde. |
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| 6. | Der Beschwerdeführer macht überdies geltend (Ziff. II.1 der Beschwerde), dass Deutschland seinen Pflichten bei der Unterbringung nicht entspreche. So habe er dort in einem ehemaligen Gefängnis gelebt und sei die allgemeine Situation in dieser improvisierten Flüchtlingsunterkunft nicht gut gewesen. Er habe in einem kleinen Raum mit sieben weiteren Asylsuchenden schlafen und leben müssen. Des Weiteren sei die Nahrungsmittelversorgung gewährleitstet gewesen, es habe jedoch nur konserviertes Essen und keine frischen Lebensmittel gegeben. Auch in hygienischer Hinsicht habe die Flüchtlingsunterkunft erhebliche Mängel aufgewiesen und hätten sich auf dem Boden Kakerlaken befunden. | | Hierzu ist dem Beschwerdeführer mit dem zuständigen Regierungsmitglied neuerlich entgegenzuhalten, dass Deutschland sich an seine Verpflichtungen halten wird und Liechtenstein darauf auch vertrauen darf. Insbesondere hat Deutschland bereits mitgeteilt, in welche Erstaufnahmeeinrichtung der Beschwerdeführer gebracht werden wird. Mit seinem neuerlich in den Raum gestellten Vorbringen erfüllt er wiederum seine Substantiierungspflicht nicht, wonach er sich mit den Erwägungen der angefochtenen Entscheidung argumentativ auseinandersetzen muss (StGH 2021/018, Beschluss vom 22. März 2021, Erw. 8.3, nicht öffentlich abrufbar; mit Verweis auf StGH 2017/066 vom 14. Mai 2018, Erw. 2.4.1; StGH 2016/105 vom 05. Dezember 2017, Erw. 2.3; alle abrufbar unter www.gerichtsentscheide.li). Insbesondere macht der Beschwerdeführer nicht geltend, wie er sich gegen die angeblich schlechte Unterbringung zur Wehr setzte, obwohl das zuständige Regierungsmitglied den Beschwerdeführer bereits an die zuständigen deutschen Behörden und Gerichte verwiesen hat. Damit tritt der Beschwerdeführer den Ausführungen im Unzulässigkeitsentscheid erneut nicht entgegen, wonach der Beschwerdeführer derartige Fragen mit den dafür zuständigen, schutzwilligen und schutzfähigen deutschen Behörden, allenfalls unter Zuhilfenahme gerichtlicher und anwaltlicher Hilfe, zu klären habe. Nicht zuletzt zeigt sein Vorbringen jedoch durchaus auf, dass er in den wenigen Wochen seiner Aufenthalte in Deutschland von den dortigen Behörden untergebracht und versorgt worden ist. |
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| 7. | Zusammengefasst vermag der junge und gesunde Beschwerdeführer mit seinem Beschwerdevorbringen nichts aufzuzeigen, das der Annahme entgegentreten kann, dass es sich bei Deutschland um einen für ihn sicheren und funktionierenden Rechtsstaat handelt, der sich an die Verpflichtungen aus der Genfer Flüchtlingskonvention, der EMRK und der EU-Grundrechtecharta sowie der Dublin-III-Verordnung, der Asylverfahrensrichtlinie und der Aufnahmerichtlinie hält. Mit dem zuständigen Regierungsmitglied ist hervorzuheben, dass Deutschland sich gerade auch an seine Verpflichtungen in Bezug auf die Betreuung und medizinische Versorgung des derzeit gesunden Beschwerdeführers wie auch an das Non-Refoulement-Gebot halten wird. | | Dem mit dem Asylverfahren bereits durchaus vertrauten Beschwerdeführer ist zuzumuten, dass er sich in Deutschland an die entsprechenden Behörden wendet und notfalls auch entsprechende Rechtsmittel und -behelfe zur Durchsetzung der ihm zustehenden Rechte ergreift. Folglich muss sein Vorbringen ohne Relevanz für das liechtensteinische Konsultationsverfahren mit Deutschland bzw. das vorliegende Unzulässigkeitsverfahren sein. | | Weil sein Vorbringen damit zusammengefasst auch bei einer Wahrunterstellung nicht geeignet ist, die Zuständigkeit Liechtensteins im Asylverfahren zu erwirken und der Wegweisungsverfügung entgegenzutreten, konnte auch die vom Beschwerdeführer begehrte Parteieneinvernahme vor dem Verwaltungsgerichtshof unterbleiben. |
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| 8. | Gemäss Art. 83 Abs. 1 Bst. a AsylG kann Asylsuchenden nach Massgabe der einschlägigen Bestimmungen der Zivilprozessordnung Verfahrenshilfe im Beschwerdeverfahren gewährt werden. | | Ein Antrag auf Gewährung von Verfahrenshilfe kann gemäss Art. 83 Abs. 1a Asylgesetz frühestens mit dem verfahrenseinleitenden Schriftsatz bzw. der Beschwerde gestellt werden, was vorliegend eingehalten worden ist. | | Gemäss § 63 Abs. 1 ZPO ist einer Verfahrenspartei Verfahrenshilfe zu bewilligen, wenn sie ausser Stande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten und die beabsichtigte Rechtsverfolgung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint. Als notwendiger Unterhalt ist derjenige Unterhalt anzusehen, den die Partei für sich und ihre Familie, für deren Unterhalt sie zu sorgen hat, zu einer einfachen Lebensführung benötigt. Als mutwillig ist die Rechtsverfolgung besonders anzusehen, wenn eine nicht die Verfahrenshilfe beanspruchende Partei bei verständiger Würdigung aller Umstände des Falles, besonders auch der für die Eintreibung ihres Anspruches bestehenden Aussichten, von der Führung des Verfahrens absehen oder nur einen Teil des Anspruches geltend machen würde. | | Laut ständiger Rechtsprechung des Staatsgerichtshofes (vgl. ua in StGH 2015/116 vom 26. Januar 2016, derzeit nicht öffentlich abrufbar) liegt eine offenbare Aussichtslosigkeit der begehrten Rechtsverfolgung vor, wenn die Rechtsverfolgung schon ohne nähere Prüfung der Angriffs- oder Abwehrmittel als erfolglos erkannt werden kann. Um die Verfahrenshilfe bewilligen zu können, müsse der Erfolg zwar nicht gewiss, aber nach der sofort erkennbaren Lage eine gewisse (wenn auch nicht allzu grosse) Wahrscheinlichkeit für sich haben (vgl. Michael Bydlinski, in: Fasching / Konecny [Hrsg.], Kommentar zu den Zivilprozessgesetzen, 2. Band/1. Teilband, 3. Aufl., Wien 2015, § 63, Rz. 20; vgl. auch StGH 2013/171 vom 01. September 2014, abrufbar unter www.gerichtsentscheide.li). Ob eine Rechtsverfolgung offenbar aussichtslos sei, müsse nämlich objektiv beurteilt werden, was im konkreten Fall eine Auseinandersetzung mit dem Vorbringen des Antragstellers in seinem Verfahrenshilfeantrag unter Zugrundelegung des Unzulässigkeitsentscheids erfordere. Bei der Prüfung der Erfolgsaussichten einer Beschwerdeführung sei jedoch grundsätzlich kein allzu strenger Massstab anzulegen, um den Anspruch der Verfahrenshilfe in einer für die Betroffenen existenziellen Angelegenheit nicht von vorneherein leer laufen zu lassen (vgl. Bydlinski aaO § 63 ZPO, Rz. 20 und Robert Fucik, in: Walter H. Rechberger [Hrsg.], Kommentar zur ZPO, 4. Aufl., Wien 2014, § 63 ZPO Rz. 6, jeweils mit Rechtsprechungsnachweisen). | | Die Beurteilung der Erfolgsaussichten einer Prozessführung bzw. Rechtsverteidigung bedingt gemäss Judikatur des Staatsgerichtshofes jedenfalls eine ex ante bzw. prima facie Würdigung der Vorbringen und Umstände, auf die sich die antragstellende Partei beruft (StGH 2015/003 vom 23. März 2015; vgl. auch StGH 2013/171 vom 01. September 2014; VGH 2016/056 vom 29. April 2016, Erw. 6; alle abrufbar unter: www.gerichtsentscheide.li). | | Während zugunsten des Beschwerdeführers von einer Bedürftigkeit ausgegangen wird, ist ein Beschwerdeverfahren des Beschwerdeführers in einer prima facie-Prüfung als offenbar aussichtslos und als mutwillig zu beurteilen. | | Das Beschwerdeverfahren erweist sich bereits als mutwillig, weil der mit derartigen Verfahren vertraute Beschwerdeführer binnen weniger Monate sein fünftes Asylgesuch im Dublin-Raum stellte. Dies, obwohl er laut seinen eigenen Angaben bereits aus Norwegen nach Deutschland zurücküberstellt wurde und ihm bewusst ist, dass Deutschland der für ihn zuständige Mitgliedstaat ist. Dennoch reiste der Beschwerdeführer von Deutschland nach Liechtenstein weiter und stellte hier ein neuerliches unzulässiges Asylgesuch, von dem er wissen musste, dass Liechtenstein aufgrund der deutschen Zuständigkeit nicht darauf eintreten wird. Eine nicht die Verfahrenshilfe beanspruchende Partei, die zudem bereits den Gang eines derartigen Verfahrens kennt, würde bei verständiger Würdigung aller Umstände des Falles, besonders auch der für die Eintreibung ihres Anspruches bestehenden Aussichten, von der Führung eines derartigen Verfahrens jedoch absehen (vgl. auch StGH 2022/027 vom 30. August 2022, nicht öffentlich abrufbar). | | Diese Argumente müssen auch für die Prüfung der Frage gelten, ob sich das Beschwerdeverfahren des Beschwerdeführers prima facie als offensichtlich aussichtslos erweist. So stellte der Beschwerdeführer in Liechtenstein ein Asylgesuch, obwohl er weiss, dass Deutschland der für ihn zuständige Mitgliedstaat ist. Er bestreitet die Zuständigkeit Deutschlands und die Rechtmässigkeit des Konsultationsverfahrens im vorliegenden Verfahren nicht. Sein Beschwerdevorbringen tritt den Feststellungen im Unzulässigkeitsentscheid, wonach Deutschland die Übernahme auch ausdrücklich erklärte und der Beschwerdeführer in Deutschland sein Vorbringen erstatten und seine Rechte dort gegebenenfalls mittels eines Rechtsanwaltes oder einer Hilfsorganisation durchsetzen muss, nicht im Ansatz entgegen. | | Bereits das zuständige Regierungsmitglied hatte ihm vorgehalten, dass es sich bei Deutschland um einen Dublin-Staat und somit um ein sicheres Land handelt, welches seinen Pflichten aus der Genfer Flüchtlingskonvention, der EMRK und der EU-Grundrechtecharta nachkommt. Es bestehe für den Beschwerdeführer folglich kein konkretes Risiko, dass er gezwungen sei, in ein Land auszureisen, in welchem er verfolgt oder unmenschlicher Behandlung ausgesetzt wäre. Deutschland verfüge über ein gutes Gesundheitssystem, das auch Asylsuchenden offen stehe. Der deutsche Staat sei in der Lage und willens, den Beschwerdeführer zu schützen. | | Der Beschwerdeführer legte in seiner Beschwerde nicht dar, weshalb er sich nicht an die deutschen Behörden und Gerichten wenden können sollte und welche Schritte er hierfür schon unternommen hätte. Damit erweist sich das Vorbringen des Beschwerdeführers mit Verweis auf die ständige Judikatur der liechtensteinischen Höchstgerichte als nicht ausreichend substantiiert, um dem Unzulässigkeitsentscheid entgegenzutreten und der Beschwerde Aussicht auf Erfolg zu verschaffen. Selbst bei Wahrunterstellung seines Vorbringens, wonach die Unterkunft Mängel aufweisen und er in den Dublin-Staat Polen überstellt werden könnte, ist der Beschwerdeführer mit seinem Vorbringen an die deutschen Behörden und Gerichte zu verweisen, gegenüber denen er seine Rechte geltend machen bzw. bei denen er Schutz suchen muss. Damit erweist sich ein Beschwerdeverfahren auch als offensichtlich aussichtslos. | | Hervorzuheben ist, dass dem Beschwerdeführer aufgrund der kostenlosen Rechtsberatung jedenfalls ein effektives Rechtsmittel zukam, das dieser auch entsprechend nützte, indem er mit Hilfe seines Rechtsberaters seine zulässige Beschwerde einbrachte. Damit ist gemäss der Rechtsprechung des Staatsgerichtshofes (StGH 2022/051 vom 30. August 2022, Erw. 2.3.2) dem grundrechtlichen Beschwerderecht Genüge getan, weil der Beschwerdeführer angeleitet wurde, eine den gesetzlichen Mindestanforderungen gemäss Art. 93 Abs. 2 LVG genügende Beschwerde zu erheben (siehe StGH 2018/091 vom 29. Oktober 2018, Erw. 3.2.2ff. mit Verweis auf StGH 2017/045 vom 18. Dezember 2017, beide abrufbar unter: www.gerichtsentscheide.li). |
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| 9. | Auf die Auferlegung von Gebühren für das gegenständliche Verfahren konnte verzichtet werden (Art. 8 Abs. 4 GGG). |
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Dieser Beschluss ist endgültig. Vaduz, 17. Januar 2023 Verwaltungsgerichtshof Der Präsident lic.iur. Andreas Batliner |