StGH 2013/196
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27.10.2014
StGH
Urteil
Sprüche: - nicht vergeben -
Leitsatz 1
EWRA Art. 61 Abs. 1; EWRA Art. 6;
SteG (alt) Art. 82a, SteG (alt) Art. 88d Abs. 3; SteG 119
Nach ständiger Rechtsprechung des Staatsgerichtshofes kommt dem unmittelbar anwendbaren EWR-Recht gegenüber entgegenstehendem innerstaatlichem Recht ein Anwendungsvorrang zu, soweit dieses nicht gegen Grundprinzipien und Kerngehalte der Grundrechte der Landesverfassung verstösst. Als Folge dieses Vorrangs wird nationales Recht, welches dem unmittelbar anwendbaren EWR-Recht entgegensteht, automatisch verdrängt und ist im konkreten Fall nicht anwendbar. Aus dieser Verdrängungswirkung des EWR-Rechts ergibt sich im gegenständlichen Fall, dass Art. 82a und 88d Abs. 3 SteG a. F. nach Ergehen des ESA-Beschlusses Nr. 97/10/KOL zum Zeitpunkt des Erlasses der Rückforderungsverfügung materiell derogiert worden waren.
Im Hinblick auf die innerstaatliche Geltung völkerrechtlicher Verträge steht Liechtenstein in der Tradition des Monismus. Nach dem in Liechtenstein geltenden System der Adoption ins Landesrecht erlangt ein formrichtig vom Landtag genehmigter und im Namen des Landesfürsten ratifizierter internationaler Vertrag automatisch und ipso iure zusammen mit der völkerrechtlichen auch landesrechtliche Wirkung. Vor diesem Hintergrund trifft es nicht zu, dass die Vorschriften des EWRA zwingend in innerstaatliches Gesetzesrecht umgesetzt werden müssen, damit sie innerstaatliche Geltung erlangen bzw. einer Direktwirkung fähig sind. Das von Liechtenstein übernommene EWR-Recht wird bereits durch die Ratifikation der entsprechenden Verträge innerstaatlich in Kraft gesetzt. Es bedarf keiner Transformation des EWR-Rechts in Landesrecht.
Wo unmittelbar anwendbares EWR-Recht nationales Recht derogiert und erst die formelle Revision vertragswidriger nationaler Normen die erforderliche Rechtssicherheit für die privaten und behördlichen Adressaten des EWR-Rechts schaffen kann, hat eine Anpassung der liechtensteinischen Rechtsordnung an vorrangiges EWR-Recht zu erfolgen. Diese Pflicht zur Anpassung EWR-widrigen innerstaatlichen Rechts bedeutet aber nicht, dass das vorrangige EWR-Recht nicht bereits vor der Anpassung der liechtensteinischen Rechtsordnung innerstaatlich angewendet werden kann. Die innerstaatlichen Behörden sind aufgrund des Anwendungsvorrangs des EWR-Rechts vielmehr dazu gehalten, bereits vor der Anpassung des innerstaatlichen Rechts das unmittelbar anwendbare EWR-Recht anzuwenden.
Eine direkte Anwendbarkeit einer EWR-rechtlichen Norm kann auch dann vorliegen, wenn sich der Wortlaut der Norm nur an die Mitgliedstaaten richtet bzw. wenn diese Einzelnen nicht ausdrücklich Rechte verleiht bzw. Pflichten auferlegt.
Aus verfassungsrechtlicher Sicht ist nichts dagegen einzuwenden, wenn die Vorinstanz bei der Auslegung von Art. 61 Abs. 1 EWRA in Anwendung von Art. 6 EWRA im Wesentlichen auf die Rechtsprechung des EuGH abstellt.
Beschwerdeführerin:K Ltd.


vertreten durch:

Dr. Wilfried Hoop
Rechtsanwalt
9492 Eschen
Belangte Behörde:Verwaltungsgerichtshof des Fürstentums Liechtenstein, Vaduz
gegen:Urteil des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. November 2013, VGH2013/093
wegen:Verletzung verfassungsmässig gewährleisteter Rechte (Streitwert: CHF 478'668.00; vom Staatsgerichtshof auf CHF 100'000.00 herabgesetzt)
1.Der Individualbeschwerde wird keine Folge gegeben. Die Beschwerdeführerin ist durch das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichtshofes des Fürstentums Liechtenstein vom 8. November 2013, VGH 2013/093, in ihren verfassungsmässig gewährleisteten Rechten nicht verletzt.
2.Die Beschwerdeführerin ist schuldig, die Gerichtskosten, bestehend aus der Urteilsgebühr in Höhe von CHF 1'700.00, binnen vier Wochen bei sonstiger Exekution an die Landeskasse zu bezahlen.
Sachverhalt
1.
Die Beschwerdeführerin wurde im Zeitraum vom 6. November 2001 bis 31. Dezember 2009 als konzerneigenes (Rück-) Versicherungsunternehmen gemäss Art. 82a des damals geltenden Steuergesetzes (SteG a. F., LGBl. 1961 Nr. 7) besteuert. Gemäss Art. 82a SteG a. F. hatte sie - anstelle der ordentlichen Veranlagung zur Kapital- und Ertragssteuer gemäss Art. 73 ff. SteG a. F. - eine Kapitalsteuer von 1 Promille auf das sich im Unternehmen befindliche Eigenkapital zu entrichten, ermässigt für das CHF 50 Mio. übersteigende Eigenkapital auf 3/4 Promille und für das CHF 100 Mio. übersteigende Eigenkapital auf 1/2 Promille. Von der Entrichtung der Couponsteuer war die Beschwerdeführerin als Captive gemäss Art. 88d Abs. 3 SteG a. F. befreit.
2.
Die EFTA-Überwachungsbehörde (ESA) stellte mit Beschluss Nr. 97/10/KOL vom 24. März 2010 fest, dass die Steuervorschriften für konzerneigene (Rück-) Versicherungsunternehmen ("Captives") in Liechtenstein nach Art. 82a und Art. 88d Abs. 3 SteG a. F. eine unrechtmässige staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 61 Abs.1 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Abkommen; EWRA; LGBl. 1995 Nr. 68) darstellten, da sie konzerneigene (Rück-)Versicherungsunternehmen günstiger als "normale Versicherungsunternehmen" besteuerten (Spruchpunkt Art. 1). Liechtenstein wurde zur Ergreifung legislativer Massnahmen, nämlich der "Aufhebung" der vorerwähnten Bestimmungen des liechtensteinischen Steuergesetzes aufgefordert (Spruchpunkt Art. 2). Weiters forderte die ESA die liechtensteinischen Behörden auf, alle notwendigen Massnahmen zu ergreifen, um von den Beihilfenempfängern die im Zeitraum vom 6. November 2001 bis 31. Dezember 2009 unrechtmässig gewährten Beihilfen samt Zinsen zurückzufordern; es wurde bestimmt, wie die Höhe der zurückzufordernden Beihilfen zu berechnen sei (Spruchpunkt Art. 3). Die Rückforderung solle unverzüglich erfolgen, jedenfalls bis 30. September 2010.
3.
Gegen den ESA-Beschluss erhoben das Fürstentum Liechtenstein sowie zwei Captives beim EFTA-Gerichtshof Klage gegen die Entscheidung der ESA Nr. 97/10/KOL. Liechtenstein machte geltend, dass die fraglichen Steuervorschriften keine staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 61 Abs. 1 EWRA darstellten. Die ESA sei im Irrtum gewesen, als sie Art. 61 Abs. 1 EWRA auf die Besteuerung von konzerneigenen Unternehmen nach dem liechtensteinischen Steuergesetz angewandt und die Rückzahlung der als rechtswidrig qualifizierten Beihilfe von den konzerneigenen (Rück-)Versicherungsunternehmen ab dem 6. November 2001 angeordnet habe.
4.
Der EFTA-Gerichtshof bestätigte mit Urteil vom 10. Mai 2011 in den verbundenen Rechtssachen E-4/10, E-6/10 und E-7/10 die Entscheidung der ESA vom 24. März 2010, nach der die Besteuerung von Captives in Liechtenstein eine mit dem EWR-Abkommen unvereinbare Beihilfe darstelle. Der Gerichtshof stellte fest, dass die ESA die Rückforderung der Steuervergünstigungen für den Zeitraum vom 6. November 2001 bis zum 31. Dezember 2009 zu Recht angeordnet habe.
5.
Die Steuerverwaltung erliess bereits auf Grund des im obigen Punkt 2 erwähnten ESA-Beschlusses vom 24. März 2010 die Verfügung vom 15. September 2010. Darin verlangte sie von der nunmehrigen Beschwerdeführerin eine unrechtmässige staatliche Beihilfe in Höhe von CHF 478'668.00 zurück. Einem allfälligen Rechtsmittel wurde die aufschiebende Wirkung entzogen.
Gegen diese Verfügung der Steuerverwaltung vom 15. September 2010 erhob die Beschwerdeführerin Einsprache und Beschwerde. Die Steuerverwaltung wies die Einsprache und Beschwerde mit Einspracheentscheidung vom 9. August 2011 ab und bestätigte die Verfügung der Steuerverwaltung vom 15. September 2010.
6.
Die Beschwerdeführerin erhob gegen die Einspracheentscheidung der Steuerverwaltung vom 9. August 2011 die Beschwerde vom 31. August 2011 an die Landessteuerkommission (LSteK). Mit Entscheidung zu LSteK 2011/25 vom 27. Juni 2013 entschied die Landessteuerkommission, der Beschwerde der Beschwerdeführerin vom 31. August 2011 keine Folge zu geben und die Einspracheentscheidung der Steuerverwaltung vom 9. August 2011 zu bestätigen.
7.
Gegen die Entscheidung der Landessteuerkommission vom 27. Juni 2013 erhob die Beschwerdeführerin die Beschwerde vom 31. Juli 2013 an den Verwaltungsgerichtshof. Mit Urteil zu VGH 2013/093 vom 8. November 2013 wies der Verwaltungsgerichtshof die Beschwerde vom 31. Juli 2013 ab und bestätigte die Entscheidung zu LSteK 2011/25.
8.
Gegen dieses Urteil des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. November 2013, VGH 2013/093, erhob die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 11. Dezember 2013 Individualbeschwerde an den Staatsgerichtshof wegen Verletzung verfassungsmässig gewährleisteter Rechte, konkret wegen Verletzung des Legalitätsprinzips im Abgaberecht nach Art. 92 LV, des Gleichheitssatzes nach Art. 31 LV sowie des Willkürverbots. Sie beantragt, der Staatsgerichtshof wolle der vorliegenden Individualbeschwerde stattgeben und das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. November 2013, VGH 2013/93, wegen Verfassungswidrigkeit ersatzlos aufheben, eventualiter die Verwaltungssache an die belangte Behörde zurückverweisen. Der Staatsgerichtshof wolle zudem das Land Liechtenstein zum Ersatz der verzeichneten Verfahrenskosten verpflichten, dies binnen vier Wochen bei sonstigem Zwang.
8.1
In der Sache bringt die Beschwerdeführerin vor, die rechtlichen Erwägungen des Verwaltungsgerichtshofes verstiessen in mehrfacher und gravierender Weise gegen das Legalitätsprinzip im Abgabenrecht sowie gegen das Willkürverbot. Der Verwaltungsgerichtshof habe nicht erkannt, dass die Rückforderungsverfügung der Steuerverwaltung völlig ohne rechtliche Grundlage und sogar trotz der in Geltung gestandenen Art. 82a und 88d Abs. 3 SteG a. F. und damit contra legem ergangen sei. Es sei zu keiner Verdrängung nationaler Gesetzesnormen durch (ausreichend bestimmtes) EWR-Recht gekommen, wie dies die Vorinstanz fälschlicherweise behaupte. Nach Ansicht der Beschwerdeführerin könnte es zu einer Verdrängung in Liechtenstein nur dann kommen, wenn eine gesetzliche Umsetzung der entsprechenden Bestimmungen des EWRA erfolgt wäre. Dies sei im gegenständlichen Fall des Beihilfenrechts aber nicht erfolgt.
Weder der ESA-Entscheidung Nr. 97/10/KOL, noch Art. 61 Abs. 1 EWRA komme in Liechtenstein eine direkte Geltung zu. Die ESA-Entscheidung richte sich gegen den Staat Liechtenstein und sei im Hinblick auf einzelne Rechtsunterworfene nicht durchsetzbar und exekutierbar. Im Falle einer Nichtumsetzung der ESA-Entscheidung drohe dem Staat Liechtenstein (nur) ein Vertragsverletzungsverfahren. Daraus sei ersichtlich, dass diese Entscheidung in nationales Recht überführt werden müsse. Für den Fall der Nichtumsetzung, wie gegenständlich, bestünden Strafsanktionen im Rahmen des Vertragsverletzungsverfahrens gegen den Staat Liechtenstein.
Art. 61 Abs. 1 EWRA könne auch nicht in Verbindung mit der ESA-Entscheidung Nr. 97/10/KOL eine Rechtsgrundlage für die sog. Rückforderung der von der ESA und vom EFTA Gerichtshof als unrechtmässige staatliche Beihilfen qualifizierten Steuererleichterungen für Captives bilden. Ebenso wenig könne Art. 2 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1998/2006 der Kommission über die Anwendung der Art. 87 und 88 EG-Vertrag auf "De-minimis"-Beihilfen als unmittelbar anwendbare Rechtsgrundlage für die sog. Rückforderung der auf der rechtlichen Grundlage von Art. 82a und 88d Abs. 3 SteG a. F. gewährten Steuererleichterungen in der Vergangenheit herangezogen werden.
8.2
Sodann macht die Beschwerdeführerin geltend, aufgrund von Art. 8 Abs. 2 LV unterlägen alle politisch wichtigen, Gesetzesrecht ändernden (oder mit grösseren finanziellen Ausgaben verbundenen) Staatsverträge der Genehmigung durch den Landtag. Gegenständlich liege mit der ESA-Entscheidung Nr. 97/10/KOL ein solcher politisch wichtiger und das Gesetzesrecht (aber nicht mittelbar und direkt) ändernder Rechtsakt der ESA vor, was zu dessen Umsetzung - um die es im Rückforderungsverfahren ja gehe - zwingend die Einhaltung der Form des Art. 8 Abs. 2 LV, nämlich der Zustimmung des Landtags, erfordere.
Sodann sei mit der ESA-Entscheidung eine Verpflichtung zur Änderung des liechtensteinischen Gesetzesrechts, nämlich des Steuerrechts, einhergegangen, weshalb aufgrund von Art. 8 Abs. 2 LV eine Zustimmung des Landtags zwingend erforderlich sei. Auch dem Grundsatz des Parallelismus der Rechtssetzungsformen folgend, habe eine erforderliche Revision auf derselben Regelungsstufe zu erfolgen wie die zu ändernde Gesetzgebung, Gesetze seien durch Gesetze zu ändern, Verordnungen durch Verordnungen etc. Die Bestimmungen der Art. 82a und Art. 88d SteG a. F. hätten daher (vorgängig einer Rückforderung durch die Steuerverwaltung) vom Landtag durch Gesetz geändert werden müssen.
8.3
In der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes (sowie in den Vorentscheidungen) werde auch grundsätzlich verkannt, dass Art. 61 Abs. 1 EWRA den (allgemein) an eine unmittelbare Anwendbarkeit (self-executing) gestellten Anforderungen in keinster Weise zu entsprechen vermöge. Diese Bestimmung des EWRA regle nur in ganz pauschaler und allgemeiner Art und Weise, dass staatliche Beihilfen der EWR/EFTA-Staaten, welche durch Begünstigungen den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Abkommen unvereinbar seien, wenn der Handel zwischen Vertragsparteien beeinträchtigt werde.
Art. 61 Abs. 1 EWRA richte sich, was eigentlich völlig klar hervorgehe, an den EFTA-Staat bzw. an die Mitgliedstaaten des EWR. Pflichten würden damit den Mitgliedstaaten auferlegt. Es sei aber nicht Sinn und Zweck des Art. 61 Abs. 1 EWRA, den Individuen und Wirtschaftsunternehmen, wie gegenständlich der Beschwerdeführerin, Rechte zu gewähren oder Pflichten aufzuerlegen. Bereits aus diesem Grund könne Art. 61 Abs. 1 EWRA, niemals self-executing sein.
Im Weiteren fehle es an der erforderlichen Bestimmtheit des Art. 61 Abs. 1 EWRA im Hinblick auf eine direkte Anwendbarkeit dieser Bestimmung. Diese Bestimmung sei zwar die zentrale Bestimmung bezüglich der Unvereinbarkeit von den Wettbewerb begünstigenden und/oder verfälschenden oder zu verfälschen drohender Beihilfen, sie sei aber derart allgemein gefasst, dass sie in einem konkreten Verwaltungsverfahren, wie gegenständlich beim abgeführten Rückforderungsverfahren, nicht konkret angewendet werden könne. Um dem Legalitätsprinzip im Abgabenrecht Genüge zu tun, sei auszuführen, dass steuerliche Leistungen in einem formellen Gesetz abschliessend geregelt werden müssten, welches Steuerpflicht und Steuerfreiheit voneinander abgrenze (so auch: StGH 2011/13). Dem Bestimmtheitsgebot zufolge, welchem im Abgabenrecht ein enorm hoher Stellenwert zukomme, würden exakte Normen verlangt, die Betroffenen müssten ihr Verhalten nach diesen Normen ausrichten und die Auswirkungen, die mit den Normen verbunden seien, hinreichend voraussehen können.
Gegenständlich habe nicht einmal der Staat Liechtenstein voraussehen oder erkennen können, dass die bestandenen Steuerbegünstigungen für Captives in Art. 82a und 88d Abs. 3 SteG a. F. mit Art. 61 EWRA unvereinbar waren oder gewesen sein sollten. Wie könne es dann von einem Rechtsunterworfenen eines Mitgliedstaates des EWR, wie gegenständlich von der Beschwerdeführerin, verlangt oder vorausgesehen werden? Dies sei schlichtweg unmöglich. Art. 61 EWRA vermöge damit einer direkten Anwendung in einem nationalen Verwaltungsverfahren mangels Bestimmtheit niemals zu genügen. Die Heranziehung dieser Norm stelle einen Verstoss gegen das Legalitätsprinzip dar, darüber hinaus sei es völlig willkürlich, wenn von nationalen Verwaltungsbehörden und Gerichten auf diese Bestimmung zur Rechtfertigung einer rechts- und verfassungswidrigen Rückforderungsverfügung abgestellt werde.
8.4
In Bezug auf in Liechtenstein angesiedelte Captives wie die Beschwerdeführerin sei ganz generell anzumerken, dass es sich hierbei um konzerneigene Rückversicherungen handle, die nicht auf dem Versicherungsmarkt auftraten und daher schon definitionsgemäss weder einen (zwangsläufig) nicht existierenden Wettbewerb verfälschten, noch zu verfälschen drohten und demzufolge auch nicht den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigen könnten. Die gegenteiligen rechtlichen Erwägungen der ESA und des EFTA-Gerichtshofes seien grundlegend verfehlt.
Art. 61 EWRA sei und wäre auf Captives jedenfalls nicht anwendbar, ebenso wenig wie zum Beispiel auf liechtensteinische Stiftungen. Auch Stiftungen stünden nicht im Wettbewerb und gefährdeten ebenso wenig den Handel zwischen den Vertragspartnern, da sie lediglich in der Vermögensstrukturierung von Privaten eine Rolle spielten, wie dies ebenfalls für Captives innerhalb konzerneigener Strukturen der Fall sei. Es entspreche insoweit schon einem eklatanten Verstoss gegen das Gleichheitsgebot, wenn Captives, insoweit sie ebenso wenig wie zum Beispiel Stiftungen die Kriterien des Art. 61 EWRA erfüllten, dennoch unter Art. 61 EWRA subsumiert werden. Die Entscheidung der ESA verstosse damit ebenso wie die Verfügung der Steuerverwaltung und das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichtshofes zu VGH 2013/093 gegen das Gleichheitsgebot des Art. 31 LV und seien Letztere auch aus diesem Grunde wegen Verfassungswidrigkeit aufzuheben.
8.5
Grob stossend und damit willkürlich sowie als ein schwerer Verstoss gegen das Legalitätsprinzip erweise sich auch die rechtliche Erwägung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach es durch den Beitritt Liechtensteins zum EWR zu einer gesamtändernden Wirkung des Verfassungsrechtes von Liechtenstein gekommen sei, so dass auch das Legalitätsprinzip partiell verdrängt worden sei, nämlich durch ein europarechtliches Legalitätsprinzip, welches geringere Anforderungen an die Bestimmtheit genereller Normen stelle und wonach an die Bestimmtheit von Rechtsvorschriften ein grosszügiger Massstab anzulegen sei, als nach liechtensteinischem Recht. Der Verwaltungsgerichtshof verweise hier auf österreichische Lehrmeinungen, die für Liechtenstein aber nicht herangezogen werden könnten. Liechtenstein sei Teil des EWR, nicht aber der EU. Das Legalitätsprinzip gelte in Liechtenstein nach wie vor uneingeschränkt, das auch in einem allfälligen Überschneidungsbereich mit dem EWR.
Der Verwaltungsgerichtshof argumentiere mit dieser österreichischen Lehrmeinung auch nur deshalb, weil er in eine Art Erklärungsnotstand gekommen sei, da eben vom Staat Liechtenstein keine gesetzlichen Massnahmen umgesetzt worden seien, welche eine Rückforderung gemäss der ESA-Entscheidung erlaubt hätten. Weder sei zum Zeitpunkt des Rückforderungsverfahrens und für die rückwirkende Nachbesteuerung (sog. Rückforderung) das nationale liechtensteinische Steuerrecht entsprechend den Vorgaben der ESA-Entscheidung angepasst oder abgeändert worden, noch seien verfahrensrechtliche Bestimmungen geschaffen worden, die eine solche Rückforderung ermöglichen würden. Wohl aus diesem Grund habe sich der Verwaltungsgerichtshof gezwungen gesehen, mit einem nur eingeschränkten europäischen Legalitätsprinzip zu argumentieren. Dies sei jedoch völlig verfehlt, daher willkürlich und dem Legalitätsprinzip widersprechend.
Die nunmehr erfolgte nachträgliche Besteuerung (Nachbesteuerung; Rückforderung) der Beschwerdeführerin habe zur Folge, dass die Bestimmtheitskriterien nach dem Legalitätsprinzip verletzt seien, die Beschwerdeführerin habe nämlich ihr Verhalten nach der bestandenen Steuererleichterung für Captives gemäss Art. 82a und 88d Abs. 3 SteG a. F. ausgerichtet. Es sei für sie nicht voraussehbar gesehen, dass diese Besteuerung nach der Rechtsmeinung der ESA und des EFTA-Gerichtshofes eine unzulässige staatliche Beihilfe darstellen könnte. Die Nachbesteuerung stelle jedenfalls einen schwerwiegenden Eingriff in die Rechtsstellung der Beschwerdeführerin dar. Wie könne man sich dann auf diesen völlig unbestimmten Art. 61 Abs. 1 EWRA abstützen? Dieses Vorgehen der liechtensteinischen Verwaltungsbehörden und Gerichte sei völlig unverständlich und lasse sich mit dem Legalitätsprinzip und dem Willkürverbot nicht in Einklang bringen.
8.6
Wenn der Verwaltungsgerichtshof in der angefochtenen Entscheidung in einer Nebenbemerkung zu Ziffer 6 seiner Entscheidungsgründe festhalte, dass es sich auch bei Art. 2 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1998/2006 der Kommission über die Anwendung der Art. 87 und 88 EG-Vertrag auf "De-minimis"-Beihilfen um eine unmittelbar anwendbare Bestimmung handle, so sei auch diese Erwägung verfehlt. Mangels Erfüllung der Kriterien für ein self-executing, wie sie vom Staatsgerichtshof in StGH 1995/14 dargelegt worden seien, könne auch diese Verordnungsbestimmung nicht direkt anwendbar sein. Wiederum richte sich diese Bestimmungen an den Staat Liechtenstein und nicht an die Individuen oder Wirtschaftsunternehmen (was eine Captives der Definition nach gar nicht sei, da sie ebenso wenig am Wirtschaftsleben als konzerneigene Versicherung teilnehme, wie zum Beispiel eine liechtensteinische Stiftung), welchen damit keine Rechte und keine Pflichten auferlegt würden. Es bedürfe auch diesbezüglich einer Umsetzung in nationales Recht, ohne eine solche sei diese Bestimmung nicht unmittelbar anwendbar.
Keine Rechtsgrundlage für die gegenständliche Rückforderung könnten im Übrigen die von den Verwaltungsbehörden bzw. Beschwerdeinstanzen im abgeführten Verfahren zusätzlich genannten Bestimmungen der Art. 3, 7, und 62 EWRA sowie bei Art. 14 Abs. 1 bis 3 des Abschnitts 2 vom Protokoll Nr. 3 des Abkommens zur Errichtung einer Überwachungsbehörde und eines Gerichtshofes (ÜGA) bilden. Auch diese Bestimmungen gewährten den Individuen oder Wirtschaftsunternehmen keine Rechte bzw. würden diesen keine Pflichten auferlegt. Auch seien sie im Hinblick auf eine sog. Rückforderung zu unbestimmt, als dass sie direkt anwendbar sein könnten.
8.7
Liechtenstein habe es bei bzw. vorgängig der Einführung des Gesetzes vom 18. Dezember 1997 über die Abänderung des Steuergesetzes, LGBl. 1998 Nr. 36, schuldhaft unterlassen, das im EWR-Recht bezüglich der Anmeldung neuer Beihilfen festgesetzten Verfahren einzuhalten (vgl. dazu insb. Art. 2, Art. 7 Abs. 5, Teil II, Protokoll 3 des ÜGA). Sinn dieses Verfahrens sei es, Vorhaben der Staaten zur Gewährung neuer Beihilfen vor Inkrafttreten der Massnahmen auf ihre Vereinbarkeit mit dem EWR-Recht zu prüfen. Vorhaben, die mit dem EWR-Recht nicht vereinbar seien, sollen erst gar nicht umgesetzt werden. Art. 2 des Abkommens beinhalte die ausnahmslose Verpflichtung eines jeden EFTA-Staates, jedes Vorhaben zur Gewährung neuer Beihilfen der EFTA-Überwachungsbehörde rechtzeitig mitzuteilen (sog. "vollständige Anmeldung"). Anmeldungspflichtige Beihilfen dürften vom EFTA-Staat nicht in Kraft gesetzt werden, bevor die EFTA-Überwachungsbehörde eine Genehmigungsentscheidung erlassen habe oder erlassen zu haben scheine (Art. 3 des Abkommens). Unmittelbar nach dem Eingang der verpflichtenden Anmeldung werde jede angemeldete Beihilfe von der EFTA-Überwachungsbehörde auf ihre Vereinbarkeit mit dem EWR-Abkommen geprüft. Das formelle Prüfverfahren werde mittels einer Entscheidung der EFTA-Überwachungsbehörde abgeschlossen, wobei entschieden werden könne, dass die angemeldete Massnahme keine Beihilfe darstelle, dass die Beihilfe mit dem Funktionieren des EWR-Abkommens vereinbar sei (sog. Positiventscheidung) - eine Positiventscheidung könne allenfalls mit Bedingungen und Auflagen verbunden werden - oder aber, wenn die angemeldete Beihilfe mit dem Funktionieren des EWR-Abkommens unvereinbar sei, dass die Beihilfe nicht in Kraft gesetzt werden dürfe (Negativentscheidung).
Offensichtlich habe das Land Liechtenstein aus den Fehlern im Zusammenhang mit den Steuererleichterungen für Captives, insoweit das oben beschriebene Verfahren völkerrechtswidrig missachtet worden sei, gelernt. In Art. 160 Abs. 3 des neuen Steuergesetzes vom 23. September 2010 (SteG; LGBl. 2010 Nr. 340), sei nunmehr vorgesehen, dass die Bestimmungen über Privatvermögensstrukturen nach Art. 64 in Kraft träten, "sobald sie von der EFTA-Überwachungsbehörde (ESA) als mit den staatlichen Beihilferegelungen nach Art. 61 EWR-Abkommen konform qualifiziert werden, frühestens im nach Abs. 1 bestimmten Zeitpunkt. Die Regierung macht den Zeitpunkt des Inkrafttretens im Landesgesetzblatt kund." Gemäss Kundmachung vom 22. Februar 2011, LGBl. 2011 Nr. 67, sei Art. 64 am 1. März 2011 in Kraft getreten. Ein solches Vorgehen wäre zwingend in Bezug auf LGBl. 1998 Nr. 36 erforderlich gewesen. Dadurch, dass dieses Vorgehen vom Land Liechtenstein nicht eingehalten worden sei, würde der Beschwerdeführerin letztlich ein Schaden entstehen, sofern die angefochtene Verfügung der Steuerverwaltung sowie die Entscheidungen der Vorinstanzen nicht ersatzlos aufgehoben würden. Sollte dies nicht der Fall sein, wäre der Beschwerdeführerin der Schaden aus dem Titel der Amtshaftung zu ersetzen, zumal es sich bei der Nichtnotifikation zuhanden der ESA nicht um ein gesetzgeberisches Versehen handle, sondern um ein solches der Regierung oder der Stabstelle EWR, für welche jedenfalls das Land Liechtenstein einzustehen habe.
8.8
Wie der Verwaltungsgerichtshof anfänglich noch richtig erwogen habe, gebe es keine verfahrensrechtliche Bestimmung im liechtensteinischen Recht, welche eine Rückforderung, wie sie Gegenstand des abgeführten Verwaltungsverfahrens bilde, rechtlich zu stützen vermöge. Art. 14 Abs. 3 des Protokolls Nr. 3 zum ÜGA lege innerhalb der Verfahrensbestimmungen bei rechtswidrigen Beihilfen, welche (nur) für die ESA und den EFTA-Gerichtshof gelten, gegenüber den Mitgliedstaaten fest, dass unverzüglich und nach den Verfahren des betreffenden EFTA-Staates die Rückforderung erfolge, sofern hierdurch die sofortige und tatsächliche Vollstreckung der Entscheidung der EFTA-Überwachungsbehörde ermöglicht werde. Satz 2 dieser Bestimmung besage, dass zu diesem Zweck die betreffenden EFTA-Staaten im Fall eines Verfahrens vor nationalen Gerichten unbeschadet des EWR-Rechts alle in ihren jeweiligen Rechtsordnungen verfügbaren erforderlichen Schritte einschliesslich vorläufiger Massnahmen unternehmen.
Es könne somit festgehalten werden, dass zum einen das liechtensteinische Recht keine verfahrensrechtlichen Bestimmungen für eine Rückforderung von als unrechtmässig qualifizierten Beihilfen erkenne, und zum anderen die EWR-Bestimmung des Art. 14 Abs. 3 des Protokolls Nr. 3 zum ÜGA an die Adresse des Staates Liechtenstein besage, dass die Rückforderung nach dem Verfahren des betreffenden EFTA-Staates bzw. nach allen in der jeweiligen Rechtsordnung verfügbaren Schritten zu erfolgen habe. Bereits hieraus sei erkennbar, dass es am Gesetzgeber in Liechtenstein gelegen hätte, eine formelle gesetzliche Grundlage für die Rückforderung von Beihilfen zu schaffen. Dies sei aber nicht erfolgt, weshalb es auch keine verfahrensrechtliche gesetzliche Grundlage in Liechtenstein für eine Rückforderung von Beihilfen gebe.
Mit der vom Verwaltungsgerichtshof zur Rechtfertigung der Rückforderung angezogenen Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) C-24/95 werde vom Verwaltungsgerichtshof erneut gleichsam mechanisch eine Rechtsprechung des EuGH auf den EWR übertragen. Es bestehe aber das Recht und die Pflicht, in jedem Fall zu prüfen, ob Rechtsprechung des EuGH befolgt werde oder nicht. Der EFTA-Gerichtshof habe gleich wie die ESA die Souveränität der EWR/EFTA-Staaten zu schützen. Gleiches gelte selbstverständlich auch für nationale Gerichte, welche sich auf EuGH-Rechtsprechung berufen wollten. Auch wenn nationale Gerichte verpflichtet seien, innerstaatliche Vorschriften so weit wie möglich im Einklang mit dem EWR-Recht auszulegen, gelangten Entscheidungen des EuGH in Liechtenstein jedoch nicht automatisch in Geltung. Gegenständlich sei das Berufen auf die Entscheidung EuGH C-94/95 mit dem Legalitätsprinzip und dem Willkürverbot nicht vereinbar.
Zum anderen aber habe der Verwaltungsgerichtshof völlig ausser Acht gelassen, dass eine Nachbesteuerung gemäss Art. 120 SteG nur in sehr engen Grenzen überhaupt möglich wäre, nämlich wenn sich aufgrund von Tatsachen oder Beweismitteln, die der Steuerbehörde nicht bekannt waren, ergebe, dass eine Veranlagung zu Unrecht unterblieben oder eine rechtskräftige Veranlagung unvollständig sei.
Gegenständlich lägen nunmehr niemals mit oder aufgrund der ESA-Entscheidung Nr. 97/10/KOL neue Tatsachen oder Beweismittel vor, welche der Steuerbehörde nicht bekannt gewesen wären, so dass eine Veranlagung zu Unrecht unterblieben oder unvollständig geblieben sei. Art. 120 SteG könne daher niemals zur Anwendung gelangen oder zur Rechtfertigung einer Rückforderung von Beihilfen dienen. Gleiches gelte im Übrigen für Art. 21 Abs. 1 SteG a. F. Sodann sehe Art. 123 SteG eine Revision einer rechtskräftigen Verfügung oder Entscheidung schliesslich nur zu Gunsten des Steuerpflichtigen vor. Auch hier werde wiederum auf das Entdecken erheblicher Tatsachen oder entscheidender Beweismittel abgestellt.
Es sei somit festzuhalten, dass das formelle Steuergesetz keine Möglichkeiten vorsehe, eine rechtskräftige Veranlagung zum Nachteil des Steuerpflichtigen abzuändern, dies auch nicht auf Grundlage einer Entscheidung der ESA in Bezug auf rechtswidrige Beihilfen. Die Bestimmungen des Abschnitt G des Steuergesetzes könnten daher nach geltender Rechtslage nicht dergestalt angewendet werden, dass die Einschränkung auf den Abschnitt G des Gesetzes entfalle. Aber selbst wenn man diese könnte, was gegenständlich aber nicht der Fall sei, würden, wie aufgezeigt, die Bestimmungen noch immer keine verfahrensrechtliche Grundlage für eine Nachbesteuerung oder eine Revision der rechtskräftigen Veranlagungen bilden können.
Mit dem Willkürverbot nicht vereinbar seien schliesslich die hilfsweisen Erwägungen des Verwaltungsgerichtshofes zu Ziffer 13 der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils, wonach betreffend das Fehlen einer konkreten Verfahrensregelung für die Rückforderung einer gesetzeswidrigen Beihilfe eine echte Gesetzeslücke vorliegen würde, welche durch Analogie geschlossen werden müsse.
Gegenständlich liege nämlich überhaupt keine planwidrige und damit unbeabsichtigte Lücke im Steuergesetz vor. Eine solche Lücke wäre nach der Rechtsprechung nur dann gegeben, wenn das Gesetz einen logischen Widerspruch aufweist d. h. wenn es eine unvollständige Antwort gäbe, beispielsweise wenn es für die Behörde eine Pflicht statuiere, sich aber über Zuständigkeit oder Verfahren ausschweige. Das Steuergesetz sehe eine Rückforderung von als unrechtmässig qualifizierten staatlichen Beihilfen nämlich an keiner einzigen Stelle vor. Das ganze Steuergesetz schweige sich über die Rückforderung von durch die ESA als unrechtmässig qualifizierter staatlicher Beihilfen gänzlich und total aus. Ein logischer Widerspruch liege nicht vor und könne in dieser Konstellation auch nicht vorliegen. Demzufolge könne auch niemals eine echte Lücke im Steuergesetz vorhanden sein. Vielmehr und dies müsse an dieser Stelle nochmals ausgeführt werden, wäre der liechtensteinische Gesetzgeber gefordert gewesen, Regelungen in materieller und in verfahrensrechtlicher Hinsicht zur Rückforderung von staatlichen Beihilfen, die als inkompatibel mit Art. 61 Abs. 1 EWRA qualifiziert würden, zu schaffen. Dies sei gegenständlich aber - aus welchen Gründen auch immer - nicht umgesetzt worden.
Damit scheitere eine Rückforderung auch am völligen Fehlen verfahrensrechtlicher Vorschriften.
9.
Mit Schreiben vom 20. Dezember 2013 verzichtete der Verwaltungsgerichtshof auf eine Gegenäusserung zur gegenständlichen Individualbeschwerde.
10.
Der Staatsgerichtshof hat die Vorakten, soweit erforderlich, beigezogen und auf Antrag des Berichterstatters in Folge Spruchreife beschlossen, auf die Durchführung einer öffentlichen Schlussverhandlung zu verzichten. Nach Durchführung einer nicht-öffentlichen Schlussverhandlung wurde wie aus dem Spruch ersichtlich entschieden.
Begründung
1.
Das im Beschwerdefall angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. November 2013, VGH 2013/093, ist gemäss der Rechtsprechung des Staatsgerichtshofes als sowohl letztinstanzlich als auch enderledigend im Sinne von Art. 15 Abs. 1 StGHG zu qualifizieren (vgl. StGH 2004/6, Erw. 1 [im Internet abrufbar unter www.gerichtsentscheide.li]; StGH 2004/28, Jus & News 3/2006, 361 [366 ff., Erw. 1 - 1.5]; vgl. hierzu auch Tobias Michael Wille, Liechtensteinisches Verfassungsprozessrecht, LPS Bd. 43, Schaan 2007, 557 ff. sowie Peter Bussjäger, Was ist eine enderledigende Entscheidung?, in: Hubertus Schumacher/Wigbert Zimmermann [Hrsg.], Festschrift für Gert Delle Karth - 90 Jahre Fürstlicher Oberster Gerichtshof, Wien 2013, 81 ff., jeweils mit umfangreichen weiteren Rechtsprechungsnachweisen). Da die Beschwerde auch frist- und formgerecht eingebracht wurde, hat der Staatsgerichtshof materiell darauf einzutreten.
2.
Die Beschwerdeführerin bringt vor, die angefochtene Entscheidung verstosse in mehrfacher und gravierender Weise gegen das Legalitätsprinzip im Abgaberecht und damit auch gegen das Willkürverbot. Die umstrittene Rückforderungsverfügung vom 15. September 2010, mit welcher die Liechtensteinische Steuerverwaltung von der Beschwerdeführerin eine unrechtmässige staatliche Beihilfe in Höhe von CHF 478'668.00 zurückverlangte, sei - was die Vorinstanz unrichtigerweise nicht erkannt habe - ohne jegliche Rechtsgrundlage, eventualiter ohne genügende Rechtsgrundlage ergangen.
2.1
Nach ständiger Rechtsprechung des Staatsgerichtshofes stellt der Grundsatz der Gesetzmässigkeit der öffentlichen Abgaben (Steuern und Kausalabgaben) ein ungeschriebenes verfassungsmässiges Recht dar (StGH 2012/175, Erw. 2; StGH 2012/83, Erw. 1.3; StGH 2010/24, Erw. 3; StGH 2009/181, Erw. 3.2; StGH 2002/70, Erw. 5 [alle im Internet abrufbar unter www.gerichtsentscheide.li] mit Hinweis auf StGH 2000/39, Erw. 4c [LES 2004, 56]; siehe hierzu auch Herbert Wille, Legalitätsprinzip im Abgaberecht, in: Andreas Kley/Klaus A. Vallender [Hrsg.], Grundrechtspraxis in Liechtenstein, LPS Bd. 52, Schaan 2012, 489 f., Rz. 4). Hinsichtlich öffentlicher Abgaben sind der Abgabetatbestand, der Kreis der Abgabepflichtigen, und die Bemessung der Abgabe hinreichend bestimmt im Gesetz im formellen Sinne zu regeln. In einer Demokratie soll der Gesetzgeber über die den Bürgerinnen und Bürgern auferlegten Lasten entscheiden. Das Gesetzgebungsverfahren ist am besten geeignet, im öffentlichen Diskurs die Gründe und Gegengründe zu erörtern und die Abgaben so zu regeln, dass die Belastungen für die Betroffenen hinreichend voraussehbar sind. Die Anforderungen an die Bestimmtheit im formellen Gesetz sind umso höher, je schwerwiegender die Eingriffe sind, welche mit den in Frage stehenden Abgaben verknüpft sein können.
2.2
Vorliegend sieht die Beschwerdeführerin den Grundsatz der Gesetzmässigkeit im Abgaberecht zunächst deshalb verletzt, da eine Umsetzung von Art. 61 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Abkommen; EWRA) in die nationale Rechtsordnung nicht erfolgt sei. Denn in Liechtenstein sei EWR-Recht zwingend in die nationale Rechtsordnung umzusetzen, damit dieses einer Direktwirkung überhaupt fähig sei und somit als gesetzliche Grundlage für den Erlass einer Verfügung herangezogen werden könne. All dies habe zur Folge, dass die liechtensteinischen Verwaltungsbehörden und Gerichte Art. 61 Abs. 1 EWRA beim Erlass der umstrittenen Rückforderungsverfügung nicht ohne weiteres hätten direkt anwenden können.
2.2.1
Wie bereits die Vorinstanz zutreffend festgestellt hat, verkennt die Beschwerdeführerin mit diesem Vorbringen, dass Liechtenstein mit Blick auf die innerstaatliche Geltung völkerrechtlicher Verträge in der Tradition des Monismus steht. Nach dem in Liechtenstein geltenden System der Adoption ins Landesrecht erlangt ein formrichtig vom Landtag genehmigter und im Namen des Landesfürsten ratifizierter internationaler Vertrag automatisch und ipso iure zusammen mit der völkerrechtlichen auch landesrechtliche Wirkung (StGH 1995/14, LES 1996, 119 [122 f., Erw. 2.1]; StGH 1996/6, LES 1997, 148 [151, Erw. 2.1]; StGH 2003/56, Erw. 3.5 [im Internet abrufbar unter www.gerichtsentscheide.li]; StGH 2011/20, Erw. 2.2; StGH 2012/166, Erw. 3.5 [beide im Internet abrufbar unter www.gerichtsentscheide.li]; Daniel Thürer, Liechtenstein und die Völkerrechtsordnung, Ein Kleinstaat im völkerrechtlichen Spannungsfeld zwischen Singularität und Modell rechtlicher Integration, in: Archiv des Völkerrechts, Bd. 36, 1998, 109; Herbert Wille, Das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum und seine Auswirkungen auf das liechtensteinische Verfassungs- und Verwaltungsrecht, in: Liechtenstein - 10 Jahre im EWR, Bilanz, Herausforderungen, Perspektiven, LPS Bd. 40, Vaduz 2005, 118; Thomas Bruha/Markus Büchel, Staats- und völkerrechtliche Grundfragen einer EWR-Mitgliedschaft Liechtensteins, LJZ 1/92, 9; Stefan Becker, Das Verhältnis zwischen Völkerrecht und Landesrecht nach Massgabe der Praxis des Staatsgerichtshofes des Fürstentums Liechtenstein, Diss. Freiburg/Schweiz 2003, 109 f.). Hieran hat sich auch mit der Verfassungsrevision von 2003 nichts geändert (Peter Bussjäger, Rechtsfragen des Vorrangs und der Anwendbarkeit von EWR-Recht in Liechtenstein, LJZ 4/06, 141). Somit wird das von Liechtenstein übernommene EWR-Recht bereits durch die Ratifikation der entsprechenden Verträge innerstaatlich in Kraft gesetzt. Es bedarf insbesondere keiner Transformation des EWR-Rechts in Landesrecht (Thomas Bruha/Markus Büchel, Staats- und völkerrechtliche Grundfragen einer EWR-Mitgliedschaft Liechtensteins, a. a. O., 9).
2.2.2
Vor diesem Hintergrund trifft es offensichtlich nicht zu, dass die Vorschriften des EWRA zwingend in innerstaatliches Gesetzesrecht umgesetzt werden müssen, damit sie innerstaatliche Geltung erlangen bzw. einer Direktwirkung fähig sind.
2.3
Die Beschwerdeführerin bestreitet sodann, dass die umstrittene Rückforderungsverfügung auf Art. 61 Abs. 1 EWRA abgestützt werden könne, da diese Bestimmung nicht direkt anwendbar sei. Die Vorinstanz habe sich unzulässigerweise auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH; insb. Urteil EuGH C-78/76 vom 22. März 1977) berufen, als sie sich auf den Standpunkt gestellt habe, dass das allgemeine Beihilfenverbot des Art. 61 Abs. 1 EWRA nach Vorliegen des Beschlusses der EFTA-Überwachungsbehörde (ESA) Nr. 97/10/KOL vom 24. März 2010 im gegenständlichen Fall unmittelbar anwendbar sei. Die herangezogene Rechtsprechung des EuGH könne mangels gesetzlicher Umsetzung in Liechtenstein in ein formelles Gesetz keine Rechtsgrundlage für die gegenständliche Rückforderung bilden. Dem EuGH komme keine Gesetzgebungsbefugnis in Liechtenstein zu, seine Entscheidungen seien nicht unmittelbar durchsetzbar. Dies verhindere die Souveränität Liechtensteins, welche Liechtenstein trotz dem EWR-Beitritt gewahrt habe.
2.3.1
In der Entscheidung C-78/76 hat sich der EuGH unter anderem mit der Frage der direkten Anwendbarkeit von Art. 92 EWG auseinandergesetzt. Dabei hat der EuGH festgestellt, dass es dem Einzelnen zwar verwehrt sei, sich auf Art. 92 EWG allein zu berufen, um die Unvereinbarkeit einer Beihilfe mit dem Gemeinschaftsrecht vor einem nationalen Gericht geltend zu machen und zu beantragen, dieses Gericht möge eine solche Unvereinbarkeit unmittelbar oder inzident feststellen. Dieses Recht habe der Einzelne jedoch unter anderem dann, wenn die Bestimmungen des Art. 92 EWG durch Einzelfallentscheidungen der Kommission nach Art. 93 Abs. 2 EWG konkretisiert worden seien (EuGH C-78/76, Erw. 10). Der Wortlaut von Art. 92 stimmt weitgehend mit demjenigen von Art. 61 EWRA überein, während Art. 93 Abs. 2 EWG im Wesentlichen der Bestimmung Art. 1 Abs. 2, Teil I, Protokoll 3 des Abkommens zwischen den EFTA-Staaten zur Errichtung einer Überwachungsbehörde (ÜGA; LGBl. 1995 Nr. 72) entspricht.
2.3.2
Die Ausführungen der Beschwerdeführerin, wonach Art. 61 Abs. 1 EWRA nicht unmittelbar angewendet werden können, sind nicht nachvollziehbar. Zum einen kann den Erwägungen der Vorinstanz in der angefochtenen Entscheidung an keiner Stelle entnommen werden, sie vertrete die Ansicht, die umstrittene Rückforderungsverfügung könne im Sinne der erforderlichen formell-gesetzlichen Grundlage auf die Rechtsprechung des EuGH abgestützt werden. Die Beschwerdeführerin übersieht offensichtlich, dass der Verwaltungsgerichtshof die Entscheidung EuGH C-78/76 in der gegenständlich angefochtenen Entscheidung nicht im Sinne der erforderlichen formell-gesetzlichen Grundlage herangezogen hat, sondern im Rahmen der durch das Gericht vorzunehmenden Auslegung von Art. 61 Abs. 1 EWRA.
Zum anderen ist aus verfassungsrechtlicher Sicht nichts dagegen einzuwenden, wenn die Vorinstanz bei der Auslegung von Art. 61 Abs. 1 EWRA im Wesentlichen auf die Rechtsprechung des EuGH in der Rs. C-78/76 abstellt. So hat die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerdeschrift selbst zutreffend festgehalten, Art. 6 EWRA besage, dass die Bestimmungen des EWRA, soweit sie mit den entsprechenden Bestimmungen der Verträge der Europäischen Union (EU) sowie der aufgrund dieser Verträge erlassenen Rechtsakte in ihrem wesentlichen Gehalt inhaltsgleich seien, bei ihrer Durchführung und Anwendung im Einklang mit den einschlägigen Entscheidungen, die vom Gerichtshof der Europäischen Union vor dem 2. Mai 1992 erlassen worden seien, auszulegen seien. Wenn die Vorinstanz nun genau dies getan hat, kann ihr nicht vorgeworfen werden, sie habe in verfassungswidriger Weise auf die Rechtsprechung des EuGH abgestellt.
Überdies kann in diesem Zusammenhang auch auf die Aussagen der Regierung in BuA Nr. 46/1992, S. 180, hingewiesen werden. Darin hat sich die Regierung auf den Standpunkt gestellt, es sei zur Verwirklichung der Ziele des EWR und des EWRA erforderlich, dass das primäre und sekundäre EWR-Recht in allen Vertragsstaaten die gleiche Wirkung entfalten könne wie das jeweils in Bezug genommen Recht der Europäischen Gemeinschaft (EG). Den vom EuGH aus den Zielen der EG und des gemeinsamen Marktes abgeleiteten Prinzipien des Vorrangs und der unmittelbaren Geltung/Anwendbarkeit (letzteres nur, soweit es überhaupt auf unmittelbare Anwendbarkeit zugeschnitten sei) müsse daher auch für das EWR-Recht Geltung verschafft werden, allerdings nur im Sinne einer "obligation de résultat". Sodann hielt die Regierung fest, die EFTA-Staaten müssten das EWR-Recht innerstaatlich so handhaben, dass es im Ergebnis Vorrang habe und dort unmittelbar Anwendung finde, wo dies auch in der EG der Fall sei.
2.3.3
Vor diesem Hintergrund kann der Staatsgerichtshof keine Verletzung des Legalitätsprinzips oder Willkür erkennen, wenn sich der Verwaltungsgerichtshof in der angefochtenen Entscheidung auf die Rechtsprechung des EuGH abgestützt hat und sich auf den Standpunkt stellt, dass Art. 61 Abs. 1 EWRA in Verbindung mit einer Negativentscheidung der ESA direkte Anwendbarkeit zukomme
2.4
Die Beschwerdeführerin bringt sodann vor, die Rückforderungsverfügung der Steuerverwaltung datiere vom 15. September 2010 und sei somit noch auf Grundlage des alten Steuergesetzes ergangen. Das neue Steuergesetz sei erst am 1. Januar 2011 in Kraft getreten. Die umstrittene Rückforderungsverfügung sei daher contra legem erlassen worden, da es der liechtensteinische Gesetzgeber versäumt habe, rechtzeitig die erforderlichen materiell-rechtlichen Grundlagen auf innerstaatlicher Ebene zu schaffen.
2.4.1
Nach Ansicht des Staatsgerichtshofes ist die Vorinstanz zulässigerweise davon ausgegangen, dass die Art. 82a und 88d Abs. 3 des alten Steuergesetzes (SteG a. F., LGBl. 1961 Nr. 7) nach Ergehen des ESA-Beschlusses Nr. 97/10/KOL vom 24. März 2010, d. h. beim Erlass der Rückforderungsverfügung am 15. September 2010 zwar formell noch Bestand gehabt hätten, materiell aber ausser Kraft gesetzt worden seien. Denn nach ständiger Rechtsprechung des Staatsgerichtshofes kommt dem unmittelbar anwendbaren EWR-Recht gegenüber entgegenstehendem innerstaatlichem Recht ein Anwendungsvorrang zu, soweit dieses nicht gegen Grundprinzipien und Kerngehalte der Grundrechte der Landesverfassung verstösst (siehe etwa StGH 2011/200, Erw. 3.2; StGH 1998/61, Erw. 3.1 [beide im Internet abrufbar unter www.gerichtsentscheide.li]). Als Folge dieses Vorrangs wird nationales Recht, welches dem unmittelbar anwendbaren EWR-Recht entgegensteht, automatisch verdrängt und ist im konkreten Fall nicht anwendbar (StGH 2006/94, Erw. 3 [im Internet abrufbar unter www.gerichtsentscheide.li]; StGH 2001/1, Erw. 3.4). Aus dieser Verdrängungswirkung des EWR-Rechts ergibt sich im gegenständlichen Fall, dass Art. 82a und 88d Abs. 3 SteG a. F. nach Ergehen des ESA-Beschlusses Nr. 97/10/KOL zum Zeitpunkt des Erlasses der Rückforderungsverfügung materiell derogiert worden waren.
2.4.2
Auch wenn die Beschwerdeführerin geltend macht, dass der ESA-Beschluss Nr. 97/10/KOL als politisch wichtiger und das Gesetzesrecht ändernder Rechtsakt aufgrund von Art. 8 Abs. 2 LV der Genehmigung durch den Landtag unterliege, so kann ihr der Staatsgerichtshof nicht beipflichten. Gemäss Art. 8 Abs. 2 LV bedürfen Staatsverträge, durch die Staatsgebiet abgetreten oder Staatseigentum veräussert, über Staatshoheitsrechte oder Staatsregale verfügt, eine neue Last auf das Fürstentum oder seine Angehörigen übernommen oder eine Verpflichtung, durch die den Rechten der Landesangehörigen Eintrag getan würde, eingegangen werden soll, zu ihrer Gültigkeit der Zustimmung des Landtages. Die Bestimmung ist somit nach ihrem klaren Wortlaut ausschliesslich auf Staatsverträge anwendbar. Die ESA-Entscheidung stellt aber keinen Staatsvertrag dar, sondern es handelt sich dabei um eine Entscheidung der EFTA-Überwachungsbehörde über den Abschluss eines förmlichen Verfahrens zur Überprüfung von staatlichen Beihilfen gemäss Art. 10 ff., Teil II, Protokoll 3 des ÜGA.
Soweit die Beschwerdeführerin geltend macht, mit der ESA-Entscheidung Nr. 97/10/KOL sei eine Verpflichtung zur Änderung des liechtensteinischen Gesetzesrechts, nämlich des Steuerrechts, einhergegangen, weshalb aufgrund von Art. 8 Abs. 2 LV eine Zustimmung des Landtags zwingend erforderlich sei, so ist ihr vollumfänglich zuzustimmen (vgl. Spruchpunkt Art. 2 Abs. 1 der ESA-Entscheidung). Dieser Verpflichtung ist der Landtag mit dem Erlass des neuen Steuergesetzes vom 23. September 2010 (SteG; LGBl. 2010 Nr. 340) unterdessen nachgekommen. Wie die Vorinstanz zutreffend erwogen hat, handelte sich hierbei um eine sog. Anpassung der liechtensteinischen Rechtsordnung an vorrangiges EWR-Recht. Eine solche Anpassung hat aufgrund der EWR-rechtlichen Vorgaben überall dort zu geschehen, wo unmittelbar anwendbares EWR-Recht nationales Recht derogiert und erst die formelle Revision vertragswidriger nationaler Normen die erforderliche Rechtssicherheit für die privaten und behördlichen Adressaten des EWR-Rechts schaffen kann (vgl. Thomas Bruha/Markus Büchel, Staats- und völkerrechtliche Grundfragen einer EWR-Mitgliedschaft Liechtensteins, a. a. O., 9). Diese Pflicht zur Anpassung EWR-widrigen innerstaatlichen Rechts bedeutet aber nicht, dass das vorrangige EWR-Recht nicht bereits vor der Anpassung der liechtensteinischen Rechtsordnung innerstaatlich angewendet werden kann. Die innerstaatlichen Behörden sind aufgrund des Anwendungsvorrangs des EWR-Rechts vielmehr dazu gehalten, bereits vor der Anpassung des innerstaatlichen Rechts das unmittelbar anwendbare EWR-Recht anzuwenden (StGH 2000/50, Erw. 3.1; StGH 1998/9, LES 1999, 178 [183, Erw. 2.5]; Peter Bussjäger, Rechtsfragen des Vorrangs und der Anwendbarkeit von EWR-Recht in Liechtenstein, a. a. O., 142). Der Beschwerdeführerin kann daher nicht gefolgt werden, wenn sie sich auf den Standpunkt stellt, dass die Bestimmungen der Art. 82a und Art. 88d Abs. 3 SteG a. F. vorgängig einer Rückforderung durch die Steuerverwaltung zwingend vom Landtag durch Gesetz hätten geändert werden müssen.
2.4.3
Aus diesen Gründen sieht der Staatsgerichtshof im Gegensatz zur Beschwerdeführerin keine Willkür bzw. grobe Verletzung des Legalitätsprinzips, wenn die Vorinstanz der Ansicht ist, dass Art. 82a und Art. 88d Abs. 3 SteG a. F. zum Zeitpunkt des Erlasses der umstrittenen Rückforderungsverfügung nicht hätten angewendet werden müssen und dass diese direkt auf Art. 61 EWRA i. V. m. dem ESA-Beschluss Nr. 97/10/KOL abgestützt werden könne.
2.5
Daran ändert auch der Einwand der Beschwerdeführerin nichts, wonach es Art. 61 Abs. 1 EWRA aufgrund seiner mangelnden Bestimmtheit im Hinblick auf eine direkte Anwendbarkeit fehle, weshalb weder der Staat Liechtenstein und noch weniger die Beschwerdeführerin hätten voraussehen oder erkennen können, dass die bestandenen Steuerbegünstigungen für Captives in Art. 82a und 88d Abs. 3 SteG a. F. mit Art. 61 Abs. 1 EWRA unvereinbar gewesen sein sollen.
2.5.1
Gemäss Art. 1 Abs. 3, Teil I, Protokoll 3 des ÜGA wird die EFTA-Überwachungsbehörde von jeder beabsichtigten Einführung oder Umgestaltung von Beihilfen so rechtzeitig unterrichtet, dass sie sich dazu äussern kann. Ist sie der Auffassung, dass ein derartiges Vorhaben nach Art. 61 EWRA mit dem Funktionieren des EWR unvereinbar ist, so leitet sie unverzüglich das in Art. 1 Abs. 2, Teil I, Protokoll 3 des ÜGA vorgesehene formelle Prüfverfahren ein. Nach Art. 3, Teil II, Protokoll 3 des ÜGA dürfen anmeldungspflichtige Beihilfen nicht in Kraft gesetzt werden, bevor die EFTA-Überwachungsbehörde eine diesbezügliche Genehmigungsentscheidung erlassen hat oder erlassen zu haben scheint. Mit diesem System der Kontrolle staatlicher Beihilfen soll verhindert werden, dass in EFTA-Mitgliedsstaaten staatlich Beihilfen in Kraft gesetzt werden, die mit dem allgemeinen Beihilfeverbot von Art. 61 EWRA nicht vereinbar sind.
Gemäss Art. 62 Abs. 1 Bst. b EWRA besitzt die ESA bzw. der EFTA-Gerichtshof die ausschliessliche Kompetenz, über die Vereinbarkeit von Beihilfen in den EFTA-Mitgliedsstaaten mit Art. 61 EWRA zu entscheiden. Die nationalen Gerichte und Behörden sind im Wesentlichen nur dafür zuständig, die unmittelbar anwendbaren Bestimmungen und Entscheidungen EWR-konform umzusetzen. Entsprechend überprüft der Staatsgerichtshof Entscheidungen der ESA sowie des EFTA-Gerichtshofes in Anwendung des EWR-Rechts in der Regel nicht auf ihre Verfassungsmässigkeit (StGH 2011/200, Erw. 3.2 [im Internet abrufbar unter www.gerichtsentscheide.li]; vgl. auch Herbert Wille, Das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum und seine Auswirkungen auf das liechtensteinische Verfassungs- und Verwaltungsrecht, a. a. O, 127 f.), da dies zumindest implizit im Widerspruch insbesondere zu Art. 7 EWRA stünde, wonach das EWR-Recht für die Vertragsparteien verbindlicher Teil des innerstaatlichen Rechts ist oder in solches umgesetzt werden muss. Zudem verpflichteten sich die EFTA-Staaten im Protokoll 35 zum EWR-Abkommen, für alle Fälle möglicher Konflikte zwischen EWR-Bestimmungen und innerstaatlichem Recht nötigenfalls eine gesetzliche Bestimmung des Inhalts einzuführen, dass in diesen Fällen die EWR-Bestimmungen vorgehen. Obwohl mit dem EWR-Abkommen im Gegensatz zu den Europäischen Gemeinschaften keine supranationale Gemeinschaft begründet wurde, setzt der vom EWR-Abkommen bezweckte homogene Wirtschaftsraum (Präambel, Abs. 4) die einheitliche Durchsetzung des EWR-Rechts in den Vertragsstaaten voraus (StGH 1998/61, LES 2001, 126 [130 f., Erw. 3.1]).
Der Staatsgerichtshof überprüft die Anwendung des EWR-Rechts durch die EFTA-Überwachungsbehörde bzw. durch den EFTA-Gerichtshof nur dann auf ihre Verfassungsmässigkeit, wenn der Verdacht besteht, es bestünde eine Verletzung der verfassungsrechtlichen Grundprinzipien oder eine besonders krasse Missachtung des Grundrechtsgehalts der Landesverfassung bzw. der Europäischen Menschenrechtskonvention (siehe etwa StGH 2011/200, Erw. 3.2 [im Internet abrufbar unter www.gerichtsentscheide.li]; StGH 2008/36, Erw. 2.1; StGH 1998/61, Erw. 3.1 [im Internet abrufbar unter www.gerichtsentscheide.li]). Dies gilt auch für die gegenständlich relevante ESA-Entscheidung Nr. 97/10/KOL, mit der die Unvereinbarkeit der gegenständlich umstrittenen Steuerbegünstigungen für Captives mit dem Beihilfeverbot von Art. 61 EWRA festgestellt wurde.
2.5.2
Wie von der Beschwerdeführerin moniert, trifft es zu, dass das System zur Kontrolle staatlicher Beihilfen auf ihre Vereinbarkeit mit Art. 61 EWRA im gegenständlichen Fall der Rechtssicherheit nicht zuträglich war. Der Staatsgerichtshof kann darin aber aus folgenden Gründen keine Verletzung der verfassungsrechtlichen Grundprinzipien oder eine besonders krasse Missachtung des Grundrechtsgehalts der Landesverfassung erkennen:
Eigentlicher Grund für die entstandene Rechtsunsicherheit war die Tatsache, dass es das Land Liechtenstein unterlassen hatte, das vorgesehene Verfahren für die Anmeldung neuer Beihilfen einzuhalten (vgl. ESA-Beschluss Nr. 97/10/KOL, Erw. 2; EFTA-Urteil E-4/10, E-6/10 und E-7/10, Ziff. 111 ff.). Wie bereits die ESA festgestellt hatte, muss sich die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang aber entgegenhalten lassen, dass sich ein sorgfältiger Geschäftsmann nach der verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Rechtsprechung der ESA auf die Rechtmässigkeit einer staatlichen Beihilfe nur dann verlassen kann, wenn die Beihilfe im Einklang mit dem Verfahren gemäss Art. 1 Abs. 3, Teil I, Protokoll 3 des ÜGA gewährt wurde (ESA-Beschluss Nr. 97/10/KOL, Erw. 4).
Sodann kann auch nicht gesagt werden, die Anwendung des Beihilfeverbots auf den Bereich des Steuerrechts bzw. auf die Besteuerung von Captives sei völlig überraschend gewesen. Denn schon vor der Zustimmung des Volkes zum EWRA am 13. Dezember 1992 und am 9. April 1995 bzw. des Landtages zum ÜGA am 8. März 1995 hätte damit gerechnet werden können, dass steuerliche Massnahmen zur Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Gruppen von Unternehmen dereinst von der ESA als unrechtmässige staatliche Beihilfe qualifiziert werden könnten (siehe BuA Nr. 1992/46, S. 134; BuA Nr. 1995/1, S. 168).
Zu einer Schwächung der Vertrauensposition der Beschwerdeführerin führt schliesslich auch die bereits von der EFTA-Überwachungsbehörde erwähnte Tatsache, wonach die EU-Kommission am 6. November 2001 ein förmliches Prüfverfahren betreffend die Steuererleichterungen zugunsten captiver Versicherungsgesellschaften der Åland-Inseln, die im Wesentlichen mit der liechtensteinischen Steuerregelung vergleichbar waren, eingeleitet hatte (vgl. ESA-Beschluss Nr. 97/10/KOL, Erw. 4).
2.5.3
Im Lichte der dargelegten Umstände kann der Staatsgerichtshof der Beschwerdeführerin nicht folgen, wenn diese im Erlass der umstrittenen Steuerrückforderungsverfügung vom 15. September 2010 mangels hinreichender Vorhersehbarkeit eine grobe Verletzung des Legalitätsprinzips im Abgaberecht erkennt. Weil die Beschwerdeführerin in Anbetracht der gesamten Umstände bei ausreichender Sorgfalt mit dem ESA-Beschluss Nr. 97/10/KOL rechnen musste, liegt nach Ansicht des Staatsgerichtshofes jedenfalls keine solch grobe Verletzung der Rechtssicherheit bzw. des Legalitätsprinzips im Abgaberecht vor, die mit dem Schutz der grundrechtlichen Kerngehalte nicht vereinbar wäre.
2.5.4
Es kann der Vorinstanz in diesem Zusammenhang auch nicht vorgeworfen werden, ihre Rechtsansicht sei willkürlich, wenn sie meint, der Beitritt Liechtensteins zum EWR habe auch eine gesamtändernde Wirkung auf das Verfassungsrecht Liechtensteins gehabt, welche dazu geführt habe, dass das liechtensteinische Legalitätsprinzip partiell durch ein europarechtliches Legalitätsprinzip verdrängt worden sei, welches geringere Anforderungen an die Bestimmtheit genereller Normen stelle. Denn aufgrund des bereits Gesagten ergibt sich im Ergebnis genau dies in einer Konstellation wie der vorliegenden, in der sich die Zusprechung einer staatlichen Beihilfe infolge Nichteinhaltung des Anmeldeverfahrens erst nachträglich als EWR-widrig erweist und der Vertrauensschutz gegen eine Rückforderung der EWR-widrig gewährten Beihilfen nicht angerufen werden kann. Offen bleiben kann allerdings, ob die im Ergebnis geringeren Anforderungen an das Legalitätsprinzip im Abgaberecht das Resultat des verfassungsändernden Charakters des EWR-Rechts sind oder nicht eher schlicht die Konsequenz des EWR-rechtlichen Kontrollsystems für staatliche Beihilfen in Verbindung mit der zurückhaltenden Kognition des Staatsgerichtshofes bei der Überprüfung von Entscheiden der ESA bzw. des EFTA-Gerichtshofes.
2.6
Schliesslich bestreitet die Beschwerdeführerin das Vorliegen einer hinreichenden gesetzlichen Grundlage für die umstrittene Rückforderungsverfügung damit, dass sich Art. 61 Abs. 1 EWRA an den EFTA-Staat bzw. an die Mitgliedstaaten des EWR richte. Pflichten würden damit den Mitgliedstaaten auferlegt. Es sei nicht Sinn und Zweck des Art. 61 Abs. 1 EWRA, den Individuen und Wirtschaftsunternehmen, wie gegenständlich der Beschwerdeführerin, Rechte zu gewähren oder Pflichten aufzuerlegen. Bereits aus diesem Grund könne Art. 61 Abs. 1 EWRA, niemals self-executing sein.
2.6.1
Dieses Vorbringen läuft angesichts der von der Vorinstanz zur Auslegung von Art. 61 EWRA herangezogenen Rechtsprechung des EuGH offensichtlich ins Leere. Der EuGH hat in dieser Entscheidung - wie oben dargelegt - erkannt, dass Art. 92 Abs. 1 EWG (entspricht Art. 61 Abs. 1 EWRA) im Allgemeinen zwar nicht direkt anwendbar sei, bei Vorliegen einer Negativentscheidung könnten sich Behörden wie Private unter gegebenen Umständen aber direkt darauf berufen (vgl. Urteil EuGH C-78/76, Erw. 10). Es kann daher nicht generell behauptet werden, es entspreche nicht Sinn und Zweck von Art. 61 Abs. 1 EWRA, den Individuen und Wirtschaftsunternehmen Rechte zu gewähren oder Pflichten aufzuerlegen.
Richtig ist zwar, dass sich die Entscheidung Nr. 97/10/KOL gemäss Spruchpunkt Art. 5 formell nur an das Land Liechtenstein und nicht an Einzelne richtet. Daraus kann aber nicht abgeleitet werden, dass im vorliegenden Fall Art. 61 Abs. 1 EWRA i. V. m. der ESA-Entscheidung Nr. 97/10/KOL nicht direkt anwendbar wäre. Denn eine direkte Anwendbarkeit einer EWR-rechtlichen Norm kann auch dann vorliegen, wenn sich der Wortlaut der Norm nur an die Mitgliedstaaten richtet bzw. wenn diese Einzelnen nicht ausdrücklich Rechte verleiht bzw. Pflichten auferlegt (vgl. Heinrich Koller, Die Umsetzung des EWR-Abkommens in das schweizerische Recht: Grundsätze und Methoden, in: Oliver Jacot Guillardmod [Hrsg.], EWR-Abkommen, Erste Analysen, Zürich/Bern 1992, 824 f.).
2.6.2
Voraussetzung für die direkte Anwendbarkeit einer EWR-rechtlichen Bestimmung ist aber jedenfalls, dass diese vorbehaltlos sowie klar genug gefasst ist, um von den Gerichten und Verwaltungsbehörden auf konkrete Fälle angewendet werden zu können. Erfordern EWR-Bestimmungen hingegen nach richtiger Auslegung Durchführungsmassnahmen auf dem Weg der innerstaatlichen Rechtsetzung, so sind sie nicht unmittelbar anwendbar (StGH 1995/14, Erw. 2.1).
Die Kriterien der Vorbehaltlosigkeit und der hinreichenden Klarheit sind vorliegend erfüllt. Denn die ESA-Entscheidung Nr. 97/10/KOL hält unmissverständlich fest, dass die liechtensteinischen Behörden alle erforderlichen Massnahmen zur Rückforderung der in der Zeit vom 6. November 2001 bis zum 31. Dezember 2009 rechtswidrig gewährten Beihilfen von den Begünstigten zu ergreifen haben (Art. 3 Abs. 1 des Spruchs). Art. 61 Abs. 1 EWRA in Verbindung mit dieser Anordnung erscheint somit ausreichend bestimmt, sodass nicht erkennbar ist, inwiefern nach Vorliegen der ESA-Entscheidung Nr. 97/10/KOL die innerstaatliche Umsetzung der darin verlangten Massnahmen zusätzliche Durchführungsmassnahmen auf dem Weg der innerstaatlichen Rechtsetzung erfordern sollte.
2.7
Zusammenfassend kann der Staatsgerichtshof in der Tatsache, dass die Vorinstanz Art. 61 Abs. 1 EWRA i. V. m. dem ESA-Beschluss Nr. 97/10/KOL als hinreichende materielle Gesetzesgrundlage für den Erlass der an die Beschwerdeführerin adressierten Rückforderungsverfügung vom 15. September 2010 erachtete, keine Verletzung des Legalitätsprinzips im Abgaberecht noch einen Verstoss gegen das Willkürverbot erkennen.
3.
Schliesslich teilt der Staatsgerichtshof auch nicht die von der Beschwerdeführerin vorgebrachte Auffassung, wonach der Erlass der umstrittenen Rückforderungsverfügung infolge fehlender verfahrensrechtlicher Grundlage einen schweren Verstoss gegen das Legalitätsprinzip darstelle bzw. grob willkürlich sei.
3.1
Art. 14 Abs. 3, Teil II, Protokoll 3 des ÜGA bestimmt, dass die Rückforderung materiell EWR-widriger Beihilfen unverzüglich und nach den Verfahren des betreffenden EFTA-Staates zu erfolgen hat, sofern hierdurch die sofortige und tatsächliche Vollstreckung der Entscheidung der EFTA-Überwachungsbehörde ermöglicht wird. Sodann verlangt dieselbe Bestimmung, dass die betreffenden EFTA-Staaten zu diesem Zweck im Fall eines Verfahrens vor nationalen Gerichten unbeschadet des EWR-Rechts alle in ihren jeweiligen Rechtsordnungen verfügbaren erforderlichen Schritte einschliesslich vorläufiger Massnahmen zu unternehmen haben.
3.2
Zurecht wird weder von der Beschwerdeführerin noch von der Vorinstanz bestritten, dass aus dem innerstaatlichen Recht Liechtensteins alleine keine formell-gesetzliche Grundlage für die nachträgliche Abänderung der bereits erlassenen Steuerverfügung abgeleitet werden kann.
3.2.1
Die Vorinstanz vertritt die Rechtsauffassung, dass das Fehlen einer solchen Regelung in gleicher Weise wie die dem EuGH-Urteil C-24/95 zu Grunde liegenden vergleichbaren nationalen Ausschlussregelungen im gegenständlichen Fall darauf hinaus laufe, die europarechtlich vorgeschriebene Rückforderung praktisch unmöglich zu machen. Die Regelung des Art. 119 SteG sei daher so anzuwenden, dass ihre Einschränkung auf den Abschnitt G des Steuergesetzes entfalle und sie im Hinblick auf den Effektivitätsgrundsatz und den Vorrang des Europarechts gegenüber dem nationalen Recht eine europarechtlich gebotene Rückforderung einer unrechtmässigen Beihilfe ermögliche.
3.2.2
Der Staatsgerichtshof vermag im Standpunkt der Vorinstanz, die im Wesentlichen darin besteht, dass eine formelle Gesetzesgrundlage im gegenständlichen Fall aus dem EWR-Recht abgeleitet werden kann - nämlich aus Art. 14 Abs. 3 Satz 1 des Protokolls 3 zum ÜGA -, keine blinde Übernahme der Rechtsprechung des EuGH bzw. Willkür erkennen. Aus verfassungsrechtlicher Sicht ist nichts dagegen einzuwenden, wenn sich die Vorinstanz in der angefochtenen Entscheidung in ihrer Rechtsansicht eng an die Rechtsprechung des EuGH, die nach Unterzeichnung des EWRA ergangen ist, anlehnt. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Vorinstanz ihren Beurteilungsspielraum willkürlich ausgefüllt bzw. dass sie die nach Unterzeichnung des EWRA ergangene Rechtsprechung des EuGH gleichsam mechanisch übernommen hätte. Vielmehr hat die Vorinstanz in den Erw. 9 ff. der angefochtenen Entscheidung die Gründe nachvollziehbar dargelegt, weshalb sie sich auf den Standpunkt stellt, dass die Rechtsprechung des EuGH auf den gegenständlichen Fall übertragen werden könne.
3.3
Die Beschwerdeführerin geht fehl, wenn sie behauptet, dass die Rückforderung in jedem Fall nur gestützt auf das innerstaatliche Verfahrensrecht zu erfolgen habe. Aus Sicht des Verfassungsrechts spricht nichts dagegen, Art. 14 Abs. 3 des Protokolls 3 zum ÜGA so zu interpretieren, dass die Rückforderung nur soweit nach dem Verfahren des betreffenden EFTA-Staates zu erfolgen hat, als hierdurch die sofortige und tatsächliche Vollstreckung der Entscheidung der EFTA-Überwachungsbehörde ermöglicht wird. Denn zum einen äussert sich die Bestimmung nicht ausdrücklich dazu, nach welchem Verfahren sich die Rückforderung richtet, wenn das innerstaatliche Recht die Möglichkeit einer Rückforderung nicht vorsieht. Zum anderen genügt ein Mitgliedsstaat der EWR-rechtlichen Verpflichtung zur Rückforderung EWR-widriger Beihilfen im Lichte des Effektivitätsgrundsatzes nur dann, wenn die von ihm ergriffenen Massnahmen geeignet sind, die normalen Wettbewerbsbedingungen wiederherzustellen, die durch die Gewährung der Beihilfe verfälscht wurden.
3.4
Im Ergebnis liegt somit ein Normkonflikt vor zwischen dem EWR-Recht, welches eine wirksame Rückforderung der rechtswidrig gewährten Beihilfen verlangt, und dem innerstaatlichen Recht, das keine verfahrensrechtliche Grundlage für die Rückforderung vorsieht. Angesichts des Vorrangs des EWR-Rechts kann der Vorinstanz im vorliegenden Fall keine Willkür vorgeworfen werden, wenn sie sich - nachdem der Gesetzgeber untätig blieb - auf den europarechtlichen Effektivitätsgrundsatz beruft (vgl. Erw. 11 der angefochtenen Entscheidung), um letztlich Art. 14 Abs. 3 des Protokolls 3 zum ÜGA als verfahrensrechtliche Grundlage für die gegenständlich umstrittene Rückforderungsverfügung heranzuziehen und damit den Vorrang des EWR-Rechts wirksam zu gewährleisten. Nach dem bereits früher Gesagten ändert daran auch nichts, dass sich Art. 14 Abs. 3 des Protokolls 3 zum ÜGA nach seinem Wortlaut an die Mitgliedsstaaten richtet, da dies eine unmittelbare Anwendbarkeit nicht zum Vornherein ausschliesst.
3.5
Offen bleiben kann aber, ob sich im gegenständlichen Fall die erforderliche verfahrensrechtliche Grundlage letztlich aus direkter Anwendung von Art. 14 Abs. 3 des Protokolls zum ÜGA oder - wie die Vorinstanz meint - aus einer Auslegung von Art. 119 SteG gegen seinen Wortlaut ergibt. Ebenfalls unwesentlich ist nach dem Gesagten, ob die Vorinstanz vom Vorliegen einer Gesetzeslücke im innerstaatlichen Recht hat ausgehen können. Denn jedenfalls trifft es nicht zu, dass die umstrittene Rückforderungsverfügung in Verletzung des Legalitätsprinzips bzw. des Willkürverbots ohne verfahrensrechtliche Grundlage ergangen ist.
4.
Wie bereits erwähnt, hat es der Staat Liechtenstein vor der Einführung des Gesetzes vom 18. Dezember 1997 über die Abänderung des Steuergesetzes, LGBl. 1998 Nr. 36, unterlassen, das im EWR-Recht bezüglich der Anmeldung neuer Beihilfen festgesetzte Verfahren gemäss Art. 10 ff., Teil II, Protokoll 3 des ÜGA einzuhalten. Wenn die Beschwerdeführerin in der gegenständlichen Individualbeschwerde aber geltend macht, der bei ihr dadurch vorgeblich entstandene Schaden sei ihr aus dem Titel der Amtshaftung zu ersetzen, ist darauf zu verweisen, dass ein Amtshaftungsanspruch nur nach einem vorausgegangenen Aufforderungsverfahren durch Klage geltend gemacht werden kann: Bevor der Geschädigte einen Anspruch auf Amtshaftung gerichtlich einfordern kann, hat er den öffentlichen Rechtsträger, gegen den er den Ersatzanspruch geltend machen will, zur Anerkennung des Ersatzanspruchs schriftlich aufzufordern (Art. 11 Abs. 2 des Gesetzes vom 22. September 1966 über die Amtshaftung, LGBl. 1966 Nr. 24; siehe auch Herbert Wille, Amts- oder Staatshaftung, in: Liechtensteinisches Verwaltungsrecht: ausgewählte Gebiete, LPS Bd. 38, Schaan 2004, 310). Weil gegenständlich eine solche Aufforderung an den betreffenden öffentlichen Rechtsträger zur Anerkennung des Haftungsanspruchs nicht erfolgt ist, kann auf die Forderung der Beschwerdeführerin nach Schadenersatz aus Amtshaftung nicht weiter eingegangen werden.
5.
Schliesslich dringt die Beschwerdeführerin auch mit dem Vorbringen nicht durch, es entspreche einem eklatanten Verstoss gegen das Gleichheitsgebot des Art. 31 LV, wenn Captives, insoweit sie ebenso wenig wie zum Beispiel Stiftungen die Kriterien des Art. 61 EWRA erfüllten, dennoch unter Art. 61 EWRA subsumiert würden. Denn hierbei handelt es sich um eine unzulässige neue Rüge, die vor der Vorinstanz nicht geltend gemacht wurde. Das Kriterium der Erschöpfung des Instanzenzuges ist auf jede einzelne Grundrechtsrüge anzuwenden. Wenn eine Grundrechtsverletzung - sofern sie nicht erst durch die letzte Instanz begangen wurde - erst vor dem Staatsgerichtshof gerügt wird, ist diesem demnach eine materielle Prüfung verwehrt (StGH 2013/20, Erw. 2.1 [im Internet abrufbar unter www.gerichtsentscheide.li]; StGH 2011/137, Erw. 2.2.4; StGH 2009/193, Erw. 3.4 [im Internet abrufbar unter www.gerichtsentscheide.li]; StGH 2004/58, Erw. 4.3 f. [im Internet abrufbar unter www.gerichtsentscheide.li]; StGH 2006/30, Erw. 8.1 [im Internet abrufbar unter www.gerichtsentscheide.li[; vgl. auch StGH 2006/2, Erw. 4.2).
Überdies kommt - wie schon erwähnt - die Zuständigkeit für die Beurteilung von staatlichen Beihilfen auf ihre Vereinbarkeit mit Art. 61 EWRA der ESA bzw. dem EFTA-Gerichtshof zu, deren Entscheidungen der Staatsgerichtshof nur dann überprüft, wenn der Verdacht auf eine Verletzung der Grundprinzipien und Kerngehalte der Grundrechte der Landesverfassung besteht. Eine solche wird von der Beschwerdeführerin aber nicht hinreichend substantiiert dargelegt, noch ist eine solche ersichtlich.
6.
Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichtshofes zu VGH 2013/093 die Beschwerdeführerin in ihren verfassungsmässig gewährleisteten Rechten nicht verletzt. Es war deshalb wie aus dem Spruch ersichtlich zu entscheiden.
7.
Hinsichtlich des Kostenspruches ist in Bezug auf den von der Beschwerdeführerin angegebenen Streitwert auf die ständige Rechtsprechung des Staatsgerichtshofes zu verweisen, wonach der Maximalstreitwert für Verfahren vor dem Staatsgerichtshof CHF 100'000.00 beträgt (statt vieler: StGH 2003/35, Erw. 7 [im Internet abrufbar unter www.gerichtsentscheide.li]; siehe zur entsprechenden ständigen Rechtsprechung des Staatsgerichtshofes auch Tobias Michael Wille, Liechtensteinisches Verfassungsprozessrecht, a. a. O., 677 f. mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen). Der von der Beschwerdeführerin für das gegenständliche Individualbeschwerdeverfahren angegebene Streitwert von CHF 478'668.00 war sohin auf CHF 100'000.00 herabzusetzen. Im Übrigen stützt sich der Kostenspruch auf Art. 56 Abs. 1 StGHG i. V. m. Art. 19 Abs. 1 sowie Abs. 5 GGG.